Interview der Woche: Mechthild von Miou Miou

Sie entwarf schon Schnitte, als mancher E-Book-Star von heute gerade geboren wurde, und ist in der Nähszene ein echtes Urgestein: Mechthild vom Label "Miou Miou". Im Interview mit Sewunity erzählt sie, warum sie auch zukünftig weiter auf Papierschnitte statt auf E-Books setzen wird und wie es dazu kam, dass auch sie zur Nähbuch-Autorin wurde.
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Sie entwarf schon Schnitte, als mancher E-Book-Star von heute gerade geboren wurde, und ist in der Nähszene ein echtes Urgestein: Mechthild vom Label "Miou Miou". Im Interview mit Sewunity erzählt sie, warum sie auch zukünftig weiter auf Papierschnitte statt auf E-Books setzen wird und wie es dazu kam, dass auch sie zur Nähbuch-Autorin wurde.

Logo Miou MiouSewunity: Liebe Mechthild – wir heißen dich herzlich im Sewunity-Nähcafé willkommen. Und: Herzlichen Glückwunsch zum eigenen Buch! Wie hat es sich angefühlt, als du es das erste Mal selbst in den Händen gehalten hast?

Mechthild: Es war natürlich eine riesengroße Aufregung, als ich mein druckfrisches Buch endlich in Händen halten konnte. Es fühlte sich ein bisschen unwirklich an … kann es wirklich wahr sein … jaaaa … und dann bin ich fast geplatzt vor Freude und Stolz beim Durchblättern und Stöbern darin! Was mich dann aber vollends umgehauen hat, ist die Tatsache, dass mein Buch nach nur knapp drei Wochen nicht mehr lieferbar war und sofort die zweite Auflage in Auftrag gegeben wurde. Ich bin wahnsinnig glücklich über diesen Erfolg und werde ihn in vollen Zügen genießen!

Dein Buch trägt den Titel "Jetzt näh' ich für mich" und beinhaltet verschiedene Shirtschnitte für Erwachsene. Magst du uns erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass du unter die Nähbuchautoren gegangen bist?

Mechthild - Miou MiouBei meinem ersten Lillestoff-Festival habe ich die Mädels vom OZ Verlag vor Ort getroffen. Wir sind natürlich ins Gespräch gekommen und sie haben mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ein Buch mit ihnen zusammen zu machen. Keine Frage: Natürlich konnte ich mir das vorstellen und ich hatte gleich riesig Spaß an diesem neuen Projekt!

In den letzten vier, fünf Jahren wurde der Nähmarkt vor allem von E-Books beherrscht – aktuell erscheinen sehr viele klassische Papierbücher. Glaubst du, dass aktuell eine Trendwende stattfindet – weg von der Datei, zurück zum Papier?

Nein, das glaube ich nicht. Es gibt für beide Lager eifrige Verfechter und Liebhaber und das wird auch so bleiben. Die einen kleben lieber, die anderen pausen gerne ab, so einfach ist das!

Viele E-Book-Ersteller sind vor allem erst in den letzten Jahren aktiv geworden – du bist sozusagen ein richtiges Urgestein und entwirfst bereits seit 1998 Schnitte. Hättest du damals gedacht, dass Nähen mal wieder so populär wird, wie es im Moment ist?

Im Moment gibt es tatsächlich einen riesen Boom in Sachen „Do it Yourself“, aber die Näherei hat schon immer viele Kreative mobilisiert. Meine Nähkurse, die ich zehn Jahre lang gegeben habe, waren auch vor 20 Jahren schon sehr begehrt. Ich hatte immer lange Wartelisten. Heute sehen wir einfach viel mehr davon … durch Facebook, Pinterest und Instagram.

Bleiben wir doch nochmal beim Thema Papierschnitte und E-Books. Deine Schnitte erscheinen auch weiterhin vor allem auf Papier. Wie fühlt es sich für dich an, wenn gefühlt jede Woche unglaublich viele neue E-Books erscheinen – siehst du das für dich als Konkurrenz?

Mechthild - Miou MiouIch denke, man sollte nicht ständig nach links und rechts schauen, sondern sein eigenes Ding machen. Konkurrenz belebt das Geschäft und Qualität setzt sich durch, das ist meine Devise! Ich habe mit Papierschnittmustern angefangen, das war und ist mein Schwerpunkt und das wird auch in Zukunft so bleiben. Dass die meisten E-Book-Ersteller nun auch Papierschnittmuster anbieten, bestärkt mich nur darin!

Wann hast du denn selbst das erste Mal an der Nähmaschine gesessen – wie bist du zum Nähen gekommen?

Meine Mutter ist gelernte Schneiderin und so habe ich schon als Vierjährige fasziniert neben ihrer Tretnähmaschine gestanden und zugeschaut. Für meine Püppchen habe ich dann von Hand kleine Sachen genäht, aber an Mamas „Heiligtum“ durfte ich erst, als ich im Textilunterricht den Umgang mit der Nähmaschine auch gelernt hatte.

Und euer Labelname Miou Miou – gibt es dazu eine Geschichte?

Das war ganz unspektakulär … mein Mann hat das Logo und den Namen 1998 erfunden und dabei ist es dann einfach geblieben.

Viele Hobbynäher besuchen keine Nähkurse mehr, sondern erarbeiten sich die Technik selbst mit der Hilfe des Internets oder mit Onlinevideos. Wie beurteilst du diese Entwicklung?

Ich finde Onlinevideos toll, um Nähtechniken kennenzulernen und die eigenen, bereits vorhandenen Kenntnisse zu vertiefen. Mal ganz ehrlich, was bei den Videos oft so einfach und mühelos ausschaut, ist für den blutigen Anfänger nicht unbedingt auch gleich umsetzbar. Dafür fehlt es ihm einfach an Erfahrung und Übung. Es müssen erst gewisse Grundlagen erlernt werden, vom Zuschnitt und Nähtechniken über Maschinenkenntnisse und Übungsmöglichkeiten. Das lernt man doch am effektivsten und schnellsten in einem Nähkurs. Als Kursleiterin kann man schlimme Anfängerfehler schon im Ansatz stoppen … im Alleingang würde da sicher so manches in der Tonne landen!

Mal angenommen, eine Freundin kommt zu dir und sagt: Mechthild, ich möchte gerne nähen lernen, was muss ich tun? Was rätst du ihr für die ersten Schritte?

Ein oder zwei Nähkurse belegen, mit kleinen einfachen Projekten beginnen und sich langsam zu aufwändigeren Teilen hocharbeiten. Dieses Vorgehen bringt schnell Erfolgserlebnisse, denn es orientiert sich perfekt an den Fähigkeiten. Steigerung nach oben ist dann unbegrenzt!

Dein eigenes Schnittportfolio ist sehr breit – man findet bei dir sowohl Kinder- als auch Erwachsenenschnitte, aber auch Taschen und mehr. Welche Art von Schnitten entwickelst du am liebsten – hast du Favoriten?

Momentan entwerfe ich am liebsten Damenschnitte - da fällt auch immer etwas für mich selbst ab. Meine Töchter sind schon fast erwachsen, vielleicht drängt es mich auch deshalb nicht mehr so sehr in Richtung Kinderschnittmuster.

Wie viel Zeit vergeht bei dir von der ersten Idee bis zum fertigen Schnitt?

Mechthild - Miou MiouDas kommt ganz darauf an, wie aufwändig das jeweilige Schnittmuster gestaltet ist und ob ich hierfür neue Grundschnitte ausprobieren muss. Das besondere an meinen Schnitten ist ja, dass stets Modellvarianten in verschiedenen Schwierigkeitsgraden enthalten sind. Bis das alles gut ausprobiert und unter Dach und Fach ist, dauert es ca. 3-4 Monate.

Hast du dann überhaupt noch Zeit, für dich selbst zu nähen? Falls ja, hast du Lieblingsschnitte, außer deinen eigenen?

Ich habe eine riesengroße Schwäche für Retroschnitte! Da suche ich regelmäßig nach alten Originalschnitten und Modeheften aus den 60er und 70er Jahren. Die kaufe und sammle ich leidenschaftlich gern. Leider komme ich nur viel zu selten dazu, diese auch tatsächlich nachzunähen.

Gibt es deiner Meinung nach bei der aktuellen Nähmode Trends? Was ist zur Zeit besonders angesagt?

Wenn ich mich so umschaue, werden momentan wahnsinnig viele Kleider genäht. Das finde ich toll - zurück zur Weiblichkeit, fantastisch! Ich muss auch unbedingt ganz bald ein schönes Kleid ins Programm aufzunehmen - im Retrostyle natürlich!

Mit deinem Buch hast du aktuell ein riesiges Projekt abgeschlossen. Was hast du nun für Pläne, wie wird es weitergehen? Neue Schnitte – oder gar ein weiteres Buch?

Ich habe noch so viele Ideen und schon etliche neue Schnitte in Planung … der Tag müsste einfach mehr Stunden haben! Aktuell wird es mehrere Hosenschnitte und ein zuckersüßes Mädchenkleid geben, dann eine Damenjacke, mehr XL-Modelle, Baby-Girl Schnitte usw.

Wenn Zeit und Geld keine Rolle spielen würden: Hast du ein Traum-Nähprojekt, von dem du sagst: Das möchte ich unbedingt mal realisieren?

Ein tolles Abendkleid zum Abi-Ball meiner Tochter und eine Patchwork-Decke zu ihrem 18. Geburtstag!

Wir hätten da noch eine Frage in eigener Sache …. Auf Sewunity bewerten unsere User Schnittmuster mit Sternen von eins bis fünf, fünf ist die Höchstnote. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?

Ehrlich gesagt kenne ich Sewunity noch gar nicht so lange, aber ich finde die Idee, das unübersichtliche Angebot an Schnittmustern auf einer Plattform zu bündeln und zu sortieren, einfach grandios! Und alle profitieren davon: die Suchenden und diejenigen, die etwas anzubieten haben … perfekt … darum 5 Sterne!!!

Vielen Dank dafür! Zum Schluss laden wir dich noch herzlich zu einem kleinen Spiel ein, dem sich all unsere Interviewpartner stellen dürfen. Wir präsentieren dir jeweils zwei Wörter – wähl doch bitte jeweils das aus, das am besten zu dir passt:

Rollschneider oder Schere? Große Schneiderschere

E-Book oder Papierschnitt? Beides … immer flexibel bleiben!

Webware oder Maschenware? Egal … was gerade anfällt

Nähkurs oder Autodidakt? Für etwas, das ich nicht beherrsche: Nähkurs

Overlock umfädeln oder immer mit derselben Farbe nähen? Immer umfädeln … da bin ich Perfektionist!

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Am liebsten Stoffgeschäft

Couch oder Laufschuhe? Lieber Laufschuhe, wenn ich kann!

Kaffee oder Tee? Kaffeeeee … ist mein Lebenselexier!

Vielen Dank für das Interview!