Interview der Woche: Janina alias "Frau Ninchen"

Heute besucht uns Frau Ninchen im Sewunity-Nähcafé. Mit bürgerlichem Namen heißt die Designerin, die für freche und auch unkonventionelle Schnitte für Mädchen und Frauen steht, Janina Rosin, und sie erzählt uns heute, dass nicht jede Designerin mit dem Nähen für die eigenen Kinder angefangen hat, woher sie ihre Ideen bezieht und wie man Klo-Fotos als Marketing-Instrument einsetzen kann ...
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Heute besucht uns Frau Ninchen im Sewunity-Nähcafé. Mit bürgerlichem Namen heißt die Designerin, die für freche und auch unkonventionelle Schnitte für Mädchen und Frauen steht, Janina Rosin, und sie erzählt uns heute, dass nicht jede Designerin mit dem Nähen für die eigenen Kinder angefangen hat, woher sie ihre Ideen bezieht und wie man Klo-Fotos als Marketing-Instrument einsetzen kann ...

Frau Ninchen

Sewunity: Liebe Janina, toll, dass du Zeit für uns hast! Wenn du gerade keine Fragen beantworten würdest, was würdest du dann gerade machen?

Janina: Ich würde wahrscheinlich an neuen Schnitten und Ebooks tüfteln. Das mache ich fast immer abends, wenn alles um mich herum ganz still ist. Das Erstellen von Schnittmustern ist nicht nur mein Job, sondern hat manchmal fast schon einen „meditativen“ Hintergrund, denn es hilft mir, den manchmal recht stressigen Alltag hinter mir zu lassen und mich voll und ganz auf mich und mein Tun zu konzentrieren.

Dein Label Frau Ninchen steht für freche Schnitte für die ganze Familie. Doch deine Produktpalette umfasst noch viel mehr, nämlich auch Plotterdateien und genähte Unikate. Siehst du dich als Allrounder oder hängt dein Herz vor allem an einer Art von Produkten?

Eigentlich bin ich tatsächlich ein kleiner Allrounder, wobei das Hauptaugenmerk schon auf den Schnitten liegt. Ich brauch manchmal eine kleine „Schnittauszeit“, wenn der Kopf zwischendurch mal zu voll ist, beschäftige ich mich mit etwas anderem. Das macht mir den Kopf frei für neue Ideen. Wenn ich mich mit Unikaten für meine Kunden beschäftige, kommen mir meist neue Ideen. Allerdings werkel ich auch ganz gern mal anderweitig, z.B. mit Papier oder Holz.

Wie hat das eigentlich alles angefangen? Wie bist du zum Nähen gekommen?

Uiiiii, das ist schon soooooo lange her... Ich war damals 14 und extrem schlank. Ich hab einfach nirgends wirklich passende Klamotten gefunden ( Size Zero gab´s damals noch nicht smiley ). Meine Mutter konnte allerdings wahnsinnig gut nähen und ich hab sie immer zum Ändern meiner Klamotten verdonnert: „Mama, kannst du mal schnell...“

Irgendwann kam allerdings die Antwort „Das kannst du mal SCHNELL selber“ smiley. Sie hat mich also vor die uralte Veritas (Baujahr 57) gesetzt, mir erklärt, wie das Teilchen so funktioniert, und mir einen dicken BURDAwälzer in die Hand gedrückt „Kannste mal SCHNELL lesen“ ... Da saß ich dann mit meinem Glück, zu großen Klamotten und 'nem BURDAwälzer in der Hand ... und ich hab gelesen ... ich hab laaaaaaange gelesen … also wirklich lange, bis ich dann endlich begriffen hab, wie man eine Hose richtig kürzt und ein Shirt auf seine Maße anpasst. Und schon hatte mich die dicke alte Veritas in ihren Bann gezogen.

Weißt du noch, was du als allererstes genäht hast?

JaninaNeben dem Kürzen von Hosen und Ändern von sämtlichen Shirts in meinem Schrank, war mein erstes Werk ein Upcyclingprojekt. Ich habe mir aus einer alten Jeans einen Rock genäht und war stolz wie Bolle smiley

Jeder hat ja im Laufe seiner Nähkarriere sein persönliches Highlight - und seine größte Pleite. An welches Projekt denkst du am liebsten zurück? Und welches hat dich am meisten Nerven gekostet?

Am meisten Nerven kosten mich heute noch Taschen. Ich glaub, ich bin dafür einfach nicht gemacht. X Teile, die alle irgendwie verstärkt werden müssen. X Außen- und Innentaschen + Henkel und Tüddelzeugs und alles muss knappkantig abgesteppt werden; das ist nichts für meine Nerven. Ich glaube, mir fehlt dazu einfach die Geduld. Ich bewundere immer die Mädels, die so wahnsinnig tolle Taschen zaubern.

Am liebsten denk ich an die ersten Teilchen, die ich für meine Tochter genäht hab. Ich glaube, das ist für jede nähende Mama etwas ganz besonderes.

Und wovor drückst du dich beim Nähen gern? Was macht dir da so gar keinen Spaß?

Taschen … Wenn ich von Freunden und Kunden gefragt werde, ob ich auch Taschen nähe, schüttel ich immer mit dem Kopf. Einen einfachen Shopper oder die coolen Turnbeutel krieg ich wohl auch ohne Nervenkrise hin, aber alles, was darüber hinaus geht, treibt mich schier in den Wahnsinn.

Und irgendwann wolltest du dann deine eigenen Ideen umsetzen und hast dein erstes E-Book erstellt. Erinnerst du dich noch: Wie kam dir die Idee zu deinem ersten eigenen Schnitt? Und wie lange hat es gedauert, bis das E-Book dann veröffentlich wurde?

Daran erinnere ich mich sehr gut. Mein allererstes Ebook waren die gestiefelten Zwerge … Meine Tochter kam als Frühchen zur Welt und war wirklich winzig. Ich war also auf der Suche nach einem Schnitt für kleine Stiefelchen, aber mir gefiel irgendwie nichts so wirklich. Ich hab mich dann selbst ans Werk gemacht. Die Resonanz auf meinem Blog und die Nachfrage nach dem Schnitt waren dann so groß, dass ich die Stiefel auch in anderen Größen zeichnete und eine kleine Anleitung dazu schrieb. Ich hab allerdings lange überlegt, ob ich wirklich den gewerblichen Weg gehen soll. Nach Monaten hab ich mich dann dazu entschlossen, das Schnittmuster doch gewerblich zu vertreiben.

Janina

Woher beziehst du deine Ideen? Was inspiriert dich?

Da gibt’s ziemlich vieles. Leute im Park, die 'nen tollen Style haben. Natürlich auch vieles aus dem Internet, was mir grad so über den Weg läuft. Freunde, die irgendwas gerne hätten und mir davon berichten. Mein tolles Team, dessen Ideen ich gern mit einbringe … aber in erster Linie ist es meistens meine Tochter, die mir dann erklärt, was sie grad ganz toll findet und was total cool ist.

Die gesamte Nähszene erlebt ja derzeit einen wahren Boom. Nicht nur, dass immer mehr Leute das Nähen für sich entdecken, auch DIY-Blogs und E-Book-Ersteller scheinen wie Pilze aus dem Boden zu schießen. Wie siehst du diese Entwicklung – positiv oder eher kritisch?

Sowohl als auch. Ich find´s eigentlich ganz toll, dass so viele Menschen so kreativ sind und ihre Kreativität ausleben. Ich surfe gern durch die vielen Blogs und Facebookseiten und schaue mir die tollen Werke an. Allerdings ist´s mittlerweile auch schon eine leichte „Reizüberflutung“, was nicht unbedingt schlecht sein muss, aber teilweise kommt man bei den vielen neuen Stoffen und Schnitten kaum noch hinterher. Dennoch erfreue ich mich daran und bin gespannt, was als Nächstes die Nähszene „überflutet“.

Und denkst du, dieser Boom wird anhalten? Oder platzt irgendwann die „E-Book-Blase“?

Ich denke, wir werden noch ein Weilchen etwas von dem Boom haben. E-Books sind doch so herrlich praktisch. Kaufen, runterladen, drucken, kleben und einfach losnähen. Einfacher kann es uns Näherinnen ja kaum noch gemacht werden!

Qualität setzt sich durch, sagt man. Was macht für dich ein gutes E-Book aus? Worauf legst du, gerade auch bei deinen eigenen Anleitungen, besonderen Wert?

Ganz wichtig ist es, dass sich die Schnitte gut drucken und kleben lassen. Die Seiten sollten nummeriert sein, so dass man die Schnitte schnell kleben kann. Außerdem ist mir eine gut bebilderte und leicht verständliche Anleitung wichtig. Auch sollten die Maße und der ungefähre Stoffverbrauch mit angegeben sein.

Meine Anleitungen halte ich relativ schlicht. Ich nutze wenig Geschnörkel, Rahmen und Co, sondern beschränke mich auf das Wesentliche, sodass man die Anleitung gut lesen und verstehen kann … also hoffe ich jedenfalls smiley

Kommst du neben der Arbeit eigentlich noch dazu, „privat“ zu nähen? Welchen Schnitt (mit Ausnahme deiner eigenen) würdest du als Lieblingsschnitt bezeichnen?

Ich komme privat wirklich wenig zum nähen. Den größten Teil der Näherei beansprucht tatsächlich „Frau Ninchen“. Aber mein momentaner „Lieblingsschnitt“ ist „DiePerfekte Kids“ von LiaEl ... der Schnitt ist schön schnell genäht und passt perfekt zum kleinen Fräulein des Hauses.

Filou

Als du im vergangenen Jahr deinen Unterhosen-Schnitt „Filou“ herausgebracht hast, hast du mit den Werbefotos auf den sozialen Plattformen ganz schön für Furore gesorgt ;) . Was meinst du: Muss man auffallen, um sich durchzusetzen? Was für Erfahrungen hast du mit frechem Marketing gemacht?

Ja, das stimmt - Mir war das aber auch deutlich bewusst smiley Als ich „Filou“ gezeichnet hab, kamen mir schon viele Ideen zur Präsentation und mir war klar, dass ich damit auch ordentlich Gegenwind ernten werde und vielleicht auch die „Nähwelt“ etwas spalte. Ich hab mir darüber aber wirklich wenig Gedanken gemacht. Mir ging es bei dem Projekt eher um den Spaß an der Sache, als um ein großes Marketing. Da ich von Haus aus eher frech, wenig auf den Mund gefallen bin und meistens mache, was ich grad für richtig halte, war das für mich eigentlich gar kein Marketing … das war ganz einfach ich … ohne Rücksicht auf Verluste smiley Ich hatte bei dem Teilchen aber auch ein wirklich cooles Team, das voll und ganz hinter mir stand und meine verrückten Ideen einfach mit umgesetzt hat.

Aber so im Allgemeinen denke ich schon, dass man etwas braucht, das einen von der Masse abhebt … das kann aber ganz vieles sein. Ein Megaknaller-E-Book, wo jeder sofort weiß, woher der Schnitt kommt, eine spezielle Art, seine Fotos zu machen oder halt 'n bisschen Mut zum „Wahnsinn“ smiley

Hast du ein Konzept, nach dem du arbeitest? Oder lässt du dich vom kreativen Flow treiben? Woran arbeitest du denn zurzeit?

Ich lass mich meistens einfach treiben und hab´s nicht so mit strengen Konzepten. Das geht bei mir meistens schief smiley Ich mach das, wozu ich grad Lust hab, und das denn auch mit vollem Elan. Im Moment arbeite ich an mehreren Schnitten ... unter anderem an dem kleinen Kumpel von „Filou“ … nämlich einem Tanga, und ich bin schon gespannt, was diesmal dabei rauskommt smiley

Bei Sewunity können die User deine Schnitte bewerten. Wir würden den Spieß gerne mal umdrehen – wie viele Sterne würdest du Sewunity geben, und warum?

Mir fehlt leider immer die Zeit, mich so wirklich 100%-ig auf Sewunity zu konzentrieren und mich mal ausgiebig damit zu beschäftigen, und ich weiß, dass es bestimmt noch so einiges gibt, was mir noch gar nicht aufgefallen ist, aber ich find die Bewertungen z.B. ganz toll, die explizite Suche nach Schnitten gefällt mir sehr gut und ich stöber gern mal durchs Forum und durch´s Nähkästchen. Außerdem mag ich den Aufbau und die Einstellungen im Shop, die sind für Designer super einfach zu handhaben.

Von mir gibt es dafür 5 dicke Sterne.

Zum Abschluss würden wir gerne unser „Was passt zu dir?“-Spiel auch mit dir spielen. Wir nennen dir immer zwei Begriffe, und du sagst ganz spontan, welcher Begriff besser zu dir passt:

- Rollschneider oder Schere? Schere

- E-Book oder Papierschnitt? E-Book

- Webware oder Maschenware? Maschenware

- Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? umfädeln

- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Meistens online

- Couch oder Laufschuhe? Couch smiley

- Kaffee oder Tee? Kaaaaffeeeeeeee


Liebe Janina, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns genommen hast!