Interview der Woche: Kerstin von Fred von SOHO

Wir alle kennen Fred von SOHO. Das Label steht für lässige Mode für die ganze Familie - kein Wunder, dass Kerstin gerade ihr erstes Nähbuch zu genau diesem Thema herausgebracht hat! Und noch dazu hat sie uns im Nähcafé einen Besuch abgestattet. Wie ihre Leidenschaft fürs Nähen angefangen hat und was die größte Schwierigkeit beim Designen darstellt, verrät sie uns im Interview. 

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Kerstin von Fred von SOHO
Kerstin von Fred von SOHO

Sewunity: Hallo liebe Kerstin, wir freuen uns, dass du dir die Zeit für uns genommen hast! Wie geht es dir?

Kerstin: Mir geht es gut. Ich bin bereits voll in Weihnachtsstimmung und dabei, einiges für die kalte Jahreszeit vorzubereiten.

Du bist Designerin, aber auch Unternehmerin. Wie sieht ein Tag im Leben von Fred von SOHO aus?

Meist ziemlich chaotisch. Ein Unternehmen und die Familie unter einen Hut zu bringen ist nicht immer einfach. Mein Tag beginnt um 5.30 Uhr. Ich versorge alle Familienmitglieder mit Brotzeit für den Tag und einem leckeren Frühstück, bringe die Kinder zu Schule und Kindergarten und gehe anschließend in völliger Ruhe eine Runde mit Fred. Der Tag startet also meist hektisch und laut, beginnt für mich aber durch diese kleine Auszeit doch irgendwie ruhig. Anschließend geht es für mich ins Büro. Dort müssen alltägliche Dinge wie Mails, Bestellungen, Versand etc. erledigt werden und den Rest vom Tag verbringe ich mit der Entwicklung neuer Produkte. Je nach aktuellem Stand eines Projektes also an der Nähmaschine oder am Rechner. Nach Feierabend gehöre ich zu 80% wieder der Familie und die anderen 20% gehören der Pflege sozialer Medien, wobei - manchmal sind es vermutlich mehr als 20%.

Dein Label ist eines der etabliertesten der Nähszene. Gefühlt jede(r) Kreative besitzt ein Schnittmuster von Fred von SOHO. Hättest du zu Beginn deiner Karriere mit diesem Erfolg gerechnet?

Coole Mode von Fred von SOHO
Coole Mode von Fred von SOHO

Oh mein Gott, auf keinen Fall und auch heute klingt das immer noch surreal, aber es macht mich auch irrsinnig stolz.

Wie hat das denn angefangen? Wie bist du zum Nähen gekommen?

Genäht habe ich schon als Kind viel mit meiner Mutter, wirklich wieder angefangen habe ich, als ich mit meinem ersten Kind schwanger war. Handarbeit hat mich immer fasziniert und ich war schon immer gerne kreativ.

Und weißt du auch noch, was du als allererstes selbst genäht hast?

Mein erstes Kleidungsstück als Kind war eine Dirndlschürze. Natürlich eine einfache, aber ziemlich herausfordernd. Als ich wieder angefangen habe, war noch kein Baby da, also hat Fred, unser Hund, ein Halstuch bekommen. Es hat ihm nicht sonderlich gefallen, aber immerhin hat er mir so zum Namen des Labels verholfen.

Hast du schon immer deine eigenen Schnitte entworfen? Oder hast du zu Beginn nach Anleitungen genäht?

Zu Beginn besaß ich eine beträchtliche Sammlung an Mamas alten Burdas, war aber zu faul, mich durch die doch recht unübersichtlichen Schnittmusterbögen zu wühlen. Ich bin aber eher der Typ, der erst mal guckt, ob er nicht selbst rausbekommt, wie das am besten geht. Erst wenn ich nicht mehr weiterkomme, ziehe ich Fachliteratur, eine befreundete Schneiderin, YouTube und Konsorten zu Rate. Frei nach dem Motte: Lass mal machen, könnt ja gut werden.

Und wann reifte die Idee, nicht nur selbst Schnitte zu machen, sondern diese auch anderen zur Verfügung zu stellen? Mit welchem Schnitt fing alles an?

Lieblingsbuxe
Lieblingsbuxe

Der erste Schnitt war die Lieblingsbuxe, bis heute ein Dauerbrenner für unsere ganze Familie und bei unseren Kunden. Ich habe mir, als ich das Nähen 2012 wieder entdeckt habe, einige Schnittmuster gekauft, doch keines eignete sich für mein Kind. Leopold war von Beginn an so zart, dass er in den damals angesagten Pumphosen völlig verloren aussah. Ich hatte eine Jogginghose zur Geburt geschenkt bekommen, die recht schmal geschnitten war und ihm unfassbar gut stand. Als sie zu klein wurde, habe ich sie kurzerhand in ihre einzelnen Schnittteile zerlegt und nachgezeichnet, Mamas alte Schnittmusterbücher ausgegraben und mir die nächste Größe selbst berechnet und gezeichnet. Natürlich war auch ich in diversen Mamagruppen auf Facebook unterwegs und wollte stolz mein Werk präsentieren. Auf diesen Post und einige folgende Posts kamen so viele Anfragen, wo es denn den Schnitt zu kaufen gäbe, dass ich mich spontan dazu entschied, das Projekt zu realisieren. Ich hatte Zeit, da ich ja in Elternzeit zu Hause war, und als Grafikerin ausgestattet mit Mamas Nähmaschine hatte ich auch das notwendige Equipment zu Hause.

Du bist ja bekannt dafür, die komplette Familie einzukleiden. Was reizt dich an Kleidung im Gegensatz zu Deko, Taschen oder anderen?

Das kann ich so pauschal eigentlich gar nicht beantworten. Es fing einfach ganz klassisch, wie bei vielen Kollegen mit der Schwangerschaft und den Kindern an. Irgendwann habe ich auch immer mehr das Nähen für mich entdeckt. Dekoartikel haben wir ein paar in den Freebooks, aber der Kleidung gehört einfach mein Herz.

Und worin siehst du die größten Schwierigkeiten?

Naja, der Markt ist aktuell gesättigt, den Pullover kann keiner von uns neu erfinden. Aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, ein tolles solides und vielfältiges Sortiment aus einem Haus zu haben, das viele Nähfans begeistert. Die größte Schwierigkeit hierbei ist die Passform. Die eierlegende Wollmilchsau wird es auch in der Nähszene nie geben. Du kannst mit noch so vielen Menschen testen, der Schnitt wird nie ALLE glücklich machen. Aber das muss er auch nicht, denn die Auswahl an Herstellern ist groß und gut. So ist für jeden etwas dabei.

Wie entstehen deine Ideen? Macht es einfach „klick“ im Kopf oder gehst du streng nach Marktanalyse vor?

Offen gestanden habe ich noch nie eine Marktanalyse durchgeführt. Neue Schnitte entstehen oft durch persönliche Wünsche der Kinder oder mir. Manchmal habe ich genaue Vorstellungen, was ich möchte, und kein Kleidungsstück im Handel kann mich wirklich überzeugen. Ich lasse mich aber auch gerne von aktuellen Trends, Magazinen oder Menschen auf der Straße inspirieren. Alles was uns gefällt, landet als Skizze in meinem schwarzen Notizbuch.

Wie entsteht so ein Fred-von-SOHO-E-Book? Und wie lange dauert es von der Idee bis zum fertigen Schnitt?

Fred von SOHO
Fred von SOHO

Wenn die Idee im schwarzen Buch ist, plane ich die passende Jahreszeit, zu der es erscheinen soll, und gebe dem Kind einen Namen. Grob vier Monate vor geplanter Erscheinung sollte ich anfangen. Klappt dank dem Leben, das zwischendrin einfach passiert, leider nicht immer. Anschließend geht die Idee mit einer Zeichnung oder einem Bild und diversen Angaben an die Directrice. Sobald ich die erste Schnittfassung erhalte, nähe ich Probestücke in verschiedenen Größen. Zum Glück habe ich immer ausreichend Leute greifbar, die für einen kurzen Passformcheck zur Verfügung stehen. Hier wird so lange getestet und geändert, bis es passt. Anschließend erhalte ich eine finale Version des Schnittes und schreibe die Anleitung. Parallel dazu wird zum Probenähen aufgerufen. Je nach Zeitfenster nähen wir bis zu 6 Wochen Probe. Das ist natürlich zeit- und kostenintensiv, aber ich habe einfach nichts davon, wenn der Schnitt hinterher nicht gut sitzt. Sind wir mit dem Probenähen durch, muss das Produkt in den Shop eingepflegt werden und der Launch per Newsletter und in den Sozialen Medien beworben werden.

Woran arbeitet ihr denn gerade so? Dürfen wir einen Blick hinter die Kulissen wagen?

Ich arbeite aktuell an zwei Damenschnitten. Eine Chino mit passendem Oberteil. Um das Outfit abzurunden, fehlt noch die passende Crossover-Bag. Der erste Taschenschnitt! Das steht alles doch schon irgendwie in den Startlöchern. Zudem wird es auch wieder neue Kinderschnitte geben. Allerdings wird all das erst im nächsten Jahr anlaufen. Ich habe einem kleinen Weihnachtsmarkt hier auf dem Land meine Teilnahme zugesagt und den Kindern versprochen, dass ich ihnen diesen Dezember ein bisschen mehr Zeit widme, und darauf freue ich mich sehr.

Wenn Zeit kein Problem wäre: Was wäre dann dein nächstes Projekt? Woran würdest du dich gerne einmal wagen?

Ein Dirndl für mich und Luise. Den Stoff habe ich schon, nur die Zeit ist einfach nicht auf meiner Seite.

Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Auf Sewunity können ja Schnittmuster nach einem Fünf-Sterne-Prinzip bewertet werden. Wie viele Sterne würdest du denn Sewunity geben, und warum?

Von mir gibt es fünf Sterne. Ich weiß auf Grund meiner langen Berufserfahrung, wie viel Arbeit, Hingabe, Zeit und Herzblut in eine solche Seite fließen und finde, das wird heute viel zu selten honoriert. Ich habe mich als Kunde und auch als Kooperationspartner immer wohl gefühlt und immer jemanden erreicht, sobald ich eine Frage hatte. Das ist echte Dienstleistung und heute nicht mehr selbstverständlich. Danke dafür!

Wir danken dir ganz herzlich - für die Zusammenarbeit und deine lieben Worte 💝 Und ein kleines Spielchen wollen wir auch noch mit dir spielen. Ich nenne dir immer zwei Begriffe und du sagst ganz spontan, was für dich eher zutrifft:

Rollschneider oder Schere? Beides, kommt auf das Projekt an

E-Book oder Papierschnitt? Papierschnitt

Webware oder Maschenware? Maschenware

Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Immer umfädeln

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Stoffgeschäft

Couch oder Laufschuhe? neuerdings Laufschuhe

Kaffee oder Tee? Kaffee

Vielen Dank für deinen Besuch in unserem Nähcafé!