Interview der Woche: Urte von Windschnittich

Wer geradlinige, aber dennoch nicht langweilige  Schnitte sucht, der wird bei Windschnittich auf  jeden Fall fündig. Die Designerin aus Kassel hat uns im Nähcafé besucht und erzählt davon, dass Abwechslung das Schönste am Designen ist und wie Corona auch im Nähzimmer für Unruhe gesorgt hat.

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Sewunity: Hallo liebe Urte, wie schön, dass du Zeit für uns hast! Wovon halte ich dich denn ab?

Urte von Windschnittich
Urte von Windschnittich

Urte: Ich restauriere gerade einen alten Nähseidenschrank, den ich mir vor einigen Wochen glücklich erstanden habe. Das war überhaupt nicht geplant und Zeit hatte ich eigentlich auch nicht dafür. Aber was will man machen bei Liebe auf den ersten Blick? Er war in einem ziemlich schlechten Zustand – aber inzwischen ist er schon wieder recht ansehnlich. Allerdings hat er 20 Schubladen, die ich einzeln bearbeiten muss ... Da freue ich mich tatsächlich über Ablenkung.

Du bist bei unseren Usern als Designerin bekannt und beliebt. Wolltest du schon immer was mit Mode machen?

Nein, das ergab sich einfach so. Ich bin eigentlich Bankkauffrau und arbeite auch in meinem Beruf, allerdings seit der Geburt meines Sohnes in Teilzeit. Ja, ich weiß ..., das ist ja schon ganz was anderes. Das Nähen und das Entwerfen von Schnittmustern sind mein kreativer Ausgleich und somit für mich die perfekte Kombination. Ein neues Schnittmuster dauert daher aber auch immer etwas länger.

Seit wann „hängst du an der Nadel“? Erzähl doch mal, wie du zum Nähen gekommen bist.

So lange ich denken kann hat meine Mutter genäht. Aber nur privat und eher Maßschneiderei für sich und auch mal für Familie und Freunde. Ich habe viele Erinnerungen daran, wie die großen Burda-Bögen bei uns im Wohnzimmer ausgebreitet waren. Nähen gehörte also irgendwie immer dazu.

Und was war der Anlass für dich, eigene Schnitte zu entwerfen? Gibt es ein konkretes Ereignis für den Entschluss: Ich mach mich jetzt selbständig und verkaufe meine E-Books?

Also zumindest gibt es ein konkretes Schnittmuster. Ich hatte damals für meinen Sohn einen Sonnenhut nähen wollen, aber einfach kein passendes Schnittmuster gefunden. Und deswegen habe ich selber eins gemacht. Die Sonnenhüte habe ich dann nur für ihn und ein paar Freunde genäht und fand es total schade, dass der Schnitt anschließend in der Schublade verschwinden sollte. Dann war da die Idee, den Schnitt bei Dawanda zu verkaufen und es hat geklappt. Damals noch unter dem Namen „Lütte Lüüd“. Aber dieser passte irgendwann nicht mehr, weil zu den Kindersachen mehr dazu kam. Ich wollte gern einen Namen, der irgendwie mit Strand und Draußensein zu tun hat. Schließlich sind meine Schnitte bequem und für jeden Tag gemacht. Dafür steht Wind – und die Kombination mit „Schnitt“ und einem „Ich“ für das Selbermachen verbindet alles zu „Windschnittich“.

Was ist die größte Herausforderung daran, wenn du ein neues E-Book entwickelst?

Also durch die besonderen Umstände im letzten halben Jahr bestand die größte Herausforderung darin, überhaupt einmal Ruhe und Zeit zu finden. Die brauche ich einfach für ein neues E-Book. 

Und wenn der Mann seit März im Homeoffice ist und das Kind eine ganz andere Vorstellung von Homeschooling hat als man selbst, ist das schon schwierig. Ich habe mich, wohl wie alle Eltern, sehr auf den Schulstart gefreut ;-)

Und woher bekommst du deine Ideen?

Eigentlich ist das immer etwas, was ich gerade selber brauche oder selber gern mal nähen möchte. Oder mein Mann, mein Sohn oder Freunde wünschen sich etwas. Die Ideen kommen also von selbst.

In deinem Portfolio findet man Mode für Damen, Accessoires, aber auch echte Besonderheiten, wie den Salamander XXL. Was macht dir ganz persönlich am meisten Spaß?

Schnittmuster: Salamander  XXL von Windschnittich
Schnittmuster: Salamander XXL von Windschnittich

Ich glaube, die Abwechslung ist es. Wenn ich mich auf ein neues Schnittmuster freue, kann ich auch die meiste Energie in seine Entwicklung stecken.

Der Salamander hat aber besonders viel Spaß gemacht. Ab und zu nähe ich auch nochmal einen. Als Geschenk kommt der sehr gut an. Und es macht mich immer noch glücklich, wenn er dann fertig ist und mich mit seinen großen Augen anschaut.

Du bist schon seit Jahren in dem Thema drin. Erinnerst du dich auch noch an eine richtige „Nähpanne“? Hat schon einmal etwas überhaupt nicht geklappt?

Ich habe mal teuren Stoff vernäht und das Ergebnis war so gar nicht wie gewünscht. Keine Ahnung, warum ich einen neuen Schnitt ausgerechnet mit dem teuren Stoff testen musste. Ansonsten halten sich die Pannen zum Glück in Grenzen.

Welchen Tipp würdest du einem Näh-Anfänger mit auf den Weg geben? Was ist für dich das Wichtigste beim Nähen? Und hast du ein Lieblings-Helferlein im Nähzimmer?

Früher hatte ich eine ganz einfache Nähmaschine aus dem Supermarkt. Da ist oft der Faden gerissen oder sonst irgendwas. Es hat echt keinen Spaß gemacht und hat mich eher vom Nähen abgehalten. Daher empfehle ich, lieber gleich mindestens in ein Einsteigermodell eines guten Herstellers zu investieren. Schließlich soll das neue Hobby ja weiterhin Spaß machen. Und eine Lieblings-Helferlein ...? Vielleicht die große Schneidematte und der Rollschneider. Die nutze ich tatsächlich sehr oft.

Und woran arbeitest du zurzeit? Hast du schon konkrete Pläne, auf was wir uns als nächstes freuen dürfen?

Ich bin an dem E-Book für euren Adventskalender dran. Darf ich das schon sagen? ;-)

Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Auf Sewunity können ja Schnittmuster nach einem Fünf-Sterne-Prinzip bewertet werden. Wie viele Sterne würdest du denn Sewunity geben, und warum?

Auch ich gebe euch gern 5 Sterne. Es ist so ein entspanntes und angenehmes Miteinander. Das macht echt Spaß.

Und ein kleines Spielchen wollen wir auch noch mit dir spielen. Ich nenne dir immer zwei Begriffe und du sagst ganz spontan, was für dich eher zutrifft:

- Rollschneider oder Schere? Inzwischen tatsächlich der Rollschneider. Aber mit guten Klingen, sonst wird es schnell nervig.

- E-Book oder Papierschnitt? Ganz klar E-Book.

- Webware oder Maschenware? Ich mag tatsächlich beides. Kommt auf das Projekt an.

- Nähkurs oder Autodidakt?  Sehr gern autodidaktisch.

- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen?  Ich bin schnell im Umfädeln. Aber oft habe ich einfach graues Garn drin und wechsele nur den Faden der linken Nadel entsprechend der Stofffarbe.

- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Beides, aber ich nehme die Stoffe schon gern in die Hand.

- Couch oder Laufschuhe? Joggen ist einfach nicht mein Ding. Ich hab‘s echt versucht.

Kaffee oder Tee?  Morgens und nachmittags Kaffee, dazwischen Tee.

Vielen Dank für deinen Besuch!

Hat mich gefreut. Danke für die Einladung.