Das Sticken ist eine der frühesten Methoden der Menschheitsgeschichte, um Schmuckelemente auf Kleidung anzubringen. Die ältesten erhaltenen Zeugnisse von besticktem Stoff, die wir kennen, stammen aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. - und zwar interessanterweise praktisch gleichzeitig aus China, Ägypten und Südamerika. Es lässt sich also gar nicht sagen, wer das eigentlich erfunden hat. Aber eins ist klar: Sticken ist bis heute beliebt! Und dazu braucht man nicht unbedingt eine High-End-Stickmaschine. Auch ganz klassisch mit Nadel und Faden lassen sich tolle Effekte erzielen. Wir stellen euch heute die wichtigsten Stickstiche vor. Und als Dreingabe gibt es noch ein kleines Tutorial für gestickte Baum- und Geschenkanhänger.
Das Material
Zum Sticken brauchst du eine Sticknadel und passendes Garn. Die schönsten Ergebnisse bekommt man mit Stickgarn, das man überall dort bekommt, wo es Wolle und/oder Kurzwaren gibt. Dieses Garn aus 100% Baumwolle kennt ihr vielleicht aus dem Handarbeitsunterricht oder vom Freundschaftsbändchen-Knüpfen. Es ist eher locker gesponnen, besteht aus zahlreichen verdrillten Fäden - weil diese Verdrehung gut erkennbar ist, nennt man das Garn auch Sticktwist.
Die Sticknadel ist dicker als eine Nähnadel und hat ein größeres Öhr - sonst würde ja das Garn nicht durchpassen. Im Gegensatz zur Stopfnadel hat sie aber eine spitze Spitze, um den Stoff gut durchstoßen zu können.
Zum Besticken von Hand eignet sich nicht jeder Stoff. Je feiner der Stoff, desto feiner müssen natürlich auch Stickgarn und -nadel sein. Theoretisch kann man auch mit Maschinenstickgarn und einer Nähnadel sticken. Das Maschinenstickgarn ist etwas voluminöser als normales Nähgarn und wurde so behandelt, dass es einen schönen Glanz hat. Bei so feinem Garn muss man allerdings sehr dicht und viel sticken, um einen guten Effekt zu erzielen.
Feine Stoffe müssen auf jeden Fall mit Stickvlies hinterlegt werden, damit sich nichts verzieht. Für den Anfang ist stabiler, auch gerne etwas voluminöserer Stoff zu empfehlen, wie etwa Filz oder Walk, aber auch Canvas und stabile Baumwolle funktionieren gut. Leichter hantiert es sich auch mit einem Stickrahmen, in den der Stoff eingespannt wird. So ist auch der Stickbereich festgelegt und es passiert weniger selten, dass aus Versehen Stoff mit festgenäht wird, der lose bleiben soll. Stickrahmen gibt es in verschiedenen Größen und Formen. Es geht aber auch ohne.
Mit einem Trickmarker könnt ihr euer gewünschtes Motiv vorzeichnen und so einfach den Linien folgen. Es empfiehlt sich, einen Stift zu verwenden, der erst nach längerer Zeit verschwindet oder (noch besser) erst mit dem Bügeln wieder unsichtbar wird.
Der Rückstich
Diesen Stich lernt man beim Sticken als erstes. Mit dieser Methode könnt ihr Linien ziehen und Konturen gestalten. Man sticht von unten her durch den Stoff. Etwa 3-5 mm (je nachdem, wie fein die Stickerei hinterher sein soll) hinter der Ausstichstelle sticht man auf der Konturlinie wieder in den Stoff, eine weitere Stichlänge weiter wieder aus. Jetzt führt man die Nadel zurück zur ersten Einstichstelle, sodass eine durchgehende Linie aus Garn entsteht. Auf der Rückseite führt man die Nadel nun um zwei Stichlängen nach vorn, sticht auf der Konturlinie wieder aus und führt die Nadel wieder zurück zum Endpunkt der Garnlinie.
Der Kreuzstich
Das ist wahrscheinlich der bekannteste Handstich. Ganze Bilder kann man mit Kreuzstichen gestalten! Dazu kann man ganz einfach auf einem karierten Blockblatt ein Motiv aus "Pixeln" vorzeichnen. Jedes Karo entspricht nun einem Kreuzstich. Und der geht so: Zuerst sticht man eine Reihe von diagonal ausgerichteten Stichen in der gewünschten Größe. Diese sollten alle parallel und in gleichmäßigem Abstand ausgerichtet sein. Wenn man am Ende der Reihe angekommen ist, stickt man wieder zurück. Man sticht genau in die Aus- und Eintrittsstellen der Querstriche ein, aber führt den Faden gekreuzt über die vorhandenen Linien. So entsteht das typische Kreuzlinienmuster, das sehr schön auch für Bordüren und Begrenzungen geeignet ist.
Der Kettenstich
Dieser Stich ist sehr hübsch und bildet schöne Schmucklinien. Er ist auffälliger und plastischer als der Rückstich. Für diesen Stich stickt man (wie immer) zuerst von hinten durch den Stoff. Nun ein winziges bisschen hinter der Ausstichstelle wieder einstechen , aber nicht den ganzen Faden durchziehen! Eine kleine Garnschlinge bleibt stehen. Wenn man nun im Abstand der gewünschten Stichlänge wieder aus dem Stoff aussticht, führt man die Nadel durch diese Garnschlinge. Mit ein bisschen Übung kann man direkt nach dem Einstich von oben die Nadel wieder aus dem Stoff führen und die Garnschlinge bereits "einfangen".
Der Plattstich
Mit dem Plattstich (auch Satinstich genannt) füllt man Flächen aus. Dazu werden die Stiche dicht an dicht gesetzt. Idealerweise stickt man zuerst die Kontur mit dem Rückstich oder Kettenstich und füllt dann die Fläche mit dem Plattstich aus. Es ist sehr wichtig, dass die Fäden nicht zu straff angezogen werden, aber auch nicht locker vorstehen. Die Plattstiche dürfen etwas länger sein als die Stiche beim Rückstich, aber länger als 7-10 mm ist nicht zu empfehlen. Man kann durch unterschiedlich breite Plattstichlinien auch tolle Struktureffekt erzielen!
Der Schlingstich
Mit diesem Stich werden vor allem Kanten dekorativ eingefasst oder auch zwei Stofflagen zusammengestickt. Im Prinzip funktioniert er wie der Kettenstich, nur eben um die Kante des Stoffes herum: Man sticht ungefähr 5-7 mm unterhalb der Kante von hinten durch den Stoff. Nun an derselben Stelle wieder einstechen, eine Schlinge stehen lassen. Die Nadel durch diese Schlaufe ziehen und alles so verschieben, dass der Schlingpunkt der beiden Schlaufen genau oben auf der Kante sitzt. Jetzt im gewünschten Abstand neben dem ersten Stich von VORNE einstechen und die Nadel hinter dem Stoff so nach oben führen, dass sie den Stickfaden an der Oberkante des Stoffes kreuzt. Vorsichtig anziehen, sodass alles richtig sitzt, aber nicht zu fest!
Und jetzt wird gestickt!
Für unsere Anhänger brauchst du Bastelfilz in verschiedenen Farben (ideal wären weiß, blau, gelb und braun), Keksausstecher in Herz- und Sternform, Stickgarn und eine Sticknadel.
Nutze die Ausstecher als Schablone und schneide zuerst aus dem weißen (oder blauen) Filz zwei deckungsgleiche Sterne aus. Einen legst du zur Seite, der andere wird bestickt.
Mit farblich passendem Stickgarn stickst du jetzt mit Rückstichen sechs sich kreuzende Linien auf den Stern. sie sollten von Spitze zu Spitze führen, aber jeweils 5-10 mm unterhalb der Spitze enden.
Als nächstes setzt du an jedem Ende der Linien einen Kreuzstich; der Kreuzpunkt liegt auf der Sternlinie, eine Stichlänge vom Ende entfernt. So wird aus deinem Stern ganz einfach eine Schneeflocke!
Lege nun den zweiten Filzstern auf die Rückseite des bestickten Sterns. Wenn du magst, kannst du natürlich auch beide Seiten besticken! Nähe nun die beiden Schneesterne mit dem Schlingstich zusammen. Wenn noch eine Zacke des Sterns offen ist, kannst du ein bisschen Füllwatte in den Stern füllen, damit der Anhänger mehr Volumen bekommt. Zum Schluss eine Schlinge aus Sticktwist zum Aufhängen an eine Spitze nähen - fertig!
Für das Lebkuchenherz schneidest du zwei Herzen aus braunem Filz aus. Mit dem Kettenstich stickst du aus weißem, rosa oder hellblauen Sticktwist einmal ungefähr 5 mm vom Rand entfernt die Kontur des Herzens nach - das ist der Zuckerguss. Jetzt kannst du noch in der Mitte des Lebkuchens einen kleinen Stern, zwei Mandeln oder ähnliches aufsticken.
Lege auch hier das zweite Herz auf die Rückseite. Verbinde beide Herzen mit einem einfachen Steppstich, damit es hinten und vorne gleich aussieht. Du kannst den Filz auch einfach am Rand zusammenkleben (hierfür solltest du lösemittelhaltigen Flüssigkleber oder Heißkleber verwenden). Auch hier ein Bändchen befestigen - fertig!
Stickst du gerne? Mit der Maschine oder von Hand? Hast du Tipps und Tricks für die anderen Nähkästchen-Leser? Wir freuen uns auf eure Kommentare!