Kellerfalten nähen leicht gemacht!

Woran denkt ihr, wenn ihr das Wort "Kellerfalte" hört? Habt ihr schon damit gearbeitet? Und wisst ihr, wozu das gut ist, wie man richtig saubere Kellerfalten erzeugt und wie man jedem Schnittmuster ganz einfach eine oder mehrere Kellerfalten hinzufügen kann? In diesem Know-How dreht sich alles um diese klassische Gestaltungsmöglichkeit.

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Frühlingskombi mit Kellerfalte
Wie näht man eine Kellerfalte?

Als Kellerfalte bezeichnet man eine tiefe Falte, die eigentlich aus zwei Falten besteht. Die Bruchkanten dieser beiden Falten stoßen exakt aneinander, darunter (sozusagen im Keller) liegt der zusätzliche Stoff glatt an und springt erst ein Stück unterhalb der Falte auf. Diese Methode, um Mehrweite zu  erzielen, entwickelte sich im frühen 18. Jahrhundert zum Stilmittel und ist bis heute bei klassischen Jacken wie Sakkos oder auch Trachentjacken vor allem auf der Rückseite üblich.

Kellerfalten erzeugen Mehrweite und Bewegungsfreiheit, ohne (wie zum Beispiel eine Kräuselung) aufzutragen. Bei Röcken oder Kleidern mit angesetztem Rockteil werden Kellerfalten verwendet, damit sie am Bund schön glatt anliegen und nach unten aufspringen. Im Gegensatz zu normalen Falten erzeugen Kellerfalten Symmetrien und können auch für Überraschungseffekte eingesetzt werden - wenn zum Beispiel unter der Kellerfalte ein kontrastierender Stoff eingesetzt wurde, der bei Bewegung  aufblitzt.

Damit diese Effekte auch gegeben sind, ist eine Sache bei Kellerfalten wirklich wichtig: Man muss sehr exakt arbeiten. Nur, wenn die Brüche wirklich aufeinander treffen, funktioniert dieser Trick!

Kellerfalten hinzufügen

Mehrweite hinzufügen für Kellerfalte
Mehrweite hinzufügen für Kellerfalte

In den Stars präsentieren wir euch jede Menge tolle Schnittmuster mit Kellerfalten. Wenn ihr aber einem Schnitt ohne Kellerfalten eine solche hinzufügen möchtet, ist das nicht schwierig: Ihr müsst dem Schnittmuster einfach die Mehrweite hinzufügen, die später durch die Kellerfalte wieder weggenommen wird. Am einfachsten ist es, wenn ihr eine Kellerfalte in der Mitte des Rocks oder Shirts haben wollt. Dann müsst ihr das Schnittmuster einfach entsprechend weit vom Bruch entfernt platzieren. 2 bis 4 cm dürfen es sein, bei Röcken vielleicht auch 5-6 cm. Dadurch entsteht eine Mehrweite von 4-12 cm. Wenn ihr mehr Mehrweite haben möchtet, solltet ihr mit mehreren Kellerfalten arbeiten. Um einen schönen Effekt zu bekommen, ist es ratsam, die Kellerfalten symmetrisch zu platzieren. Schneidet euer Schnittmuster also einfach ein oder zwei Mal der Länge nach parallel zur Bruchkante durch und fügt die Mehrweite durch eingefügtes Papier hinzu. Hier müsst ihr dann den kompletten Stoffbedarf der Kellerfalte zugeben, also zwischen 3 und 6 cm.

Kellerfaltenposition markieren
Kellerfaltenposition markieren

Wichtig: Markiert euch auf eurem Stoff jetzt schon, wo ihr die Kellerfalte zugegen habt! Das ist sehr wichtig, um hinterher ein sauberes Ergebnis zu bekommen. Ihr  müsst euch die beiden Außenkanten der Falten und die Mitte markieren.

Ein bisschen mehr rechnen müsst ihr, wenn ihr mit einem Schnittmuster arbeitet, das eigentlich eine Kräuselung vorsieht, die ihr durch eine Kellerfalte ersetzen wollt. Das bewirkt, dass ein Schnitt weniger verspielt und etwas cooler aussieht. Zum Beispiel kann man auch bei Puffärmeln statt der Kräuselung eine Kellerfalte auf der Schulter einnähen. Dadurch bleibt der Ärmel weit, aber er "pufft" nicht auf der Schulter, sondern erst weiter unten auf und ist so ein bisschen sportlicher.

Wenn ihr das machen wollt, dann müsst ihr mit dem Maßband die Länge der einzukräuselnden Strecke mit der Länge des glatt dagegen zu nähenden Teils vergleichen. Der Unterschied dieser beiden Längen ist die Mehrweite. Markiert euch die Mitte des Kräuselbereichs bzw. den Schulterpunkt des Ärmels. Nun messt ihr die Hälfte der Mehrweite symmetrisch nach links und rechts und markiert euch diese Stellen - das sind die Punkte, die hinterher aufeinandertreffen!

Saubere Kellerfalten nähen

Eigentlich sind Kellerfalten ganz einfach zu nähen: Man muss nur die markierten Außenkanten der Falten exakt auf die markierte Mitte legen (natürlich so, dass die Falten auf der rechten Stoffseite oben liegen! Sonst entsteht nämlich keine Kellerfalte, sondern ihr Gegenstück, die Quetschfalte) und die obere Kante fixieren. Dann noch den Rockbund, die Passe oder das Halsbündchen dagegennähen, fertig! Das kann man auch so machen, allerdings läuft man dann Gefahr, dass die Kanten beim Nähen verrutschen und die Kellerfalte nicht so richtig exakt wird. Aber keine Sorge, natürlich gibt  es einen Trick, wie die Faltenbrüche wirklich hundert Prozent sauber aufeinander zu liegen kommen: Man arbeitet mit einer Heftnaht.

Kellerfalte heften
Kellerfalte heften

Dazu  legt ihr euren Zuschnitt links auf links in den Bruch, sodass die Mittenmarkierung der Kellerfalte die Bruchkante bildet. Näht jetzt (entweder von Hand oder mit dem auf größtmögliche Stichlänge eingestellten Geradstich der Nähmaschine) ungefähr 3-5 cm weit exakt an den Kantenmarkierungen der Kellerfalte parallel zur Bruchkante.

Kellerfalte öffnen und in der Nahtzugabe fixieren
Kellerfalte öffnen und in der Nahtzugabe fixieren

Anschließend öffnet ihr (wie beim Origami) den eingenähten Bereich so auf, dass die Bruchkante genau mit der Naht zusammentrifft. Die Mehrweite geht nach links und rechts gleichmäßig auf. Fixiert diesen Bereich erst durch Bügeln und dann mit einer Steppnaht innerhalb der Nahtzugabe oben an der Kante entlang.

Als nächstes wird die so fixierte Falte an ihr Gegenstück (eben die Passe, den Bund usw.) angenäht. Achtet hier darauf, dass eure Fixiernaht wirklich in der Nahtzugabe verschwindet!

Fast fertig - nur noch die Heftnaht auftrennen
Fast fertig - nur noch die Heftnaht auftrennen

Und zum Schluss müsst ihr nur noch die Heftnaht zwischen den Faltenbrüchen auftrennen. Die Faltenkanten liegen exakt aneinander und springen nun bei Bewegung auf - perfekt! Übrigens kann man diese Methode auch zur weiteren Gestaltung des Schnittmusters verwenden. Wenn ihr die Kellerfaltenkanten nicht mit einer Heftnaht, sondern einer "normalen" Naht zusammennäht und am Ende nicht mehr auftrennt, entsteht ein ganz anderer Look, weil sich die Kellerfalte nun erst ein Stück unterhalb des Bundes oder der Taille öffnet. Das Ende der Naht müsst ihr gut sichern; man kann zum Beispiel auch einen Zierknopf, eine Schleife oder ähnliches aufnähen. So könnt ihr ein und dasselbe Schnittmuster immer wieder neu nähen und den Stil verändern.

Kellerfalten sind wirklich eine coole Sache. Arbeitet ihr gerne mit diesem Stilmittel? Wir freuen uns auf eure Kommentare und Fotos!