Interview der Woche: Natalie von "Rosalieb & Wildblau"

Für sie gibt es nur einen Weg, nämlich den nach vorne: Natalie vom Label "Rosalieb & Wildblau" hat sich das Nähen selbst beigebracht und hat vor allem einen Grundsatz: Machen! Im Interview mit Sewunity verrät sie nicht nur, was es denn nun eigentlich mit Rosalieb und Wildblau auf sich hat, sondern auch, warum bei ihr selbst im Bad immer ein Stift und ein Blatt bereit liegen müssen.

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Sewunity: Liebe Natalie, schön, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Wir heißen dich herzlich im Sewunity-Nähcafé willkommen. Fangen wir doch mal mit der Frage an, die die meisten unserer Leser als erstes interessieren wird: Wer sind Rosalieb und Wildblau? Auf deiner Homepage ist zu lesen, dass deine Kinder einen entscheidenden Einfluss auf diese Namensgebung hatten …

Natalie von Rosalieb & Wildblau
Natalie von Rosalieb & Wildblau

Natalie: Hallo ihr Lieben! Vielen, vielen Dank, dass ihr dieses Interview mit mir führt! Ich hätte mir nie erträumen können, dass irgendwann jemand ein Interview mit mir führen würde. Dementsprechend bin ich natürlich voll von den Socken und total nervös. Ich fühle mich einfach total geehrt, vielen Dank dafür!

Genau, wie du schon sagst, hat der Name seine Begründung in meinen beiden Kindern. Ich habe einen Jungen (6) und ein Mädchen (3). Da ich von Anfang an geplant hatte, viele Schnittmuster für die beiden zu entwickeln, habe ich etwas gewählt, das ihnen entspricht. Mein Sohn ist wild, aktiv und steckt alle mit seinem Elan an. Meine Maus ist eher ruhig - wobei sich das in der aktuellen Trotzphase etwas aufgehoben hat -, mild und besonnen. Dass sie sich so entwickeln, konnte ich natürlich nicht abschätzen, aber ich glaube, ich habe passend gewählt. Das Label sollte aber nicht nur wegen den Eigenschaften meiner Kinder so heißen, sondern auch, weil es nur wegen der beiden existiert. Alle Eltern kommen früher oder später an den Punkt, an dem sie sehen müssen, wie finanziell alles gestemmt werden kann und man seinen Kleinen möglichst viel bieten kann. Mir war immer klar – ich habe Verantwortung übernommen, als ich Kinder wollte, und diese trage ich auch. Dass sich das so wunderbar mit eigener Arbeitskraft, Durchhaltevermögen und Kreativität umsetzen lässt, ist einfach wunderschön.

Ich liebe meine Arbeit und ich wünsche mir, den beiden Mäusen einmal damit eine gute Ausbildung, Schule oder was sie sich eben für ihr Leben vornehmen, bieten zu können. Das heißt aber auch – es gibt nur einen Weg. Immer geradeaus nach vorne! Achja, ansonsten besteht Rosalieb & Wildblau nur aus mir, also einer Person. Wer den Hintergrund nicht kennt, vermutet meistens, es wären zwei Personen. Bestimmt wollt ihr auch wissen, wie ich heiße und diese Dinge, oder? Das hätte ich jetzt fast vergessen. Ich bin Natalie, 29 Jahre alt, Mama von zwei Kindern, wohne im Bayrischen Wald und zu mir gehört Rosalieb & Wildblau. Ich bin, denke ich zumindest, ein aufgeschlossener, humorvoller und manchmal etwas schusseliger Mensch, der sich jetzt auf eure Fragen freut!

Dann machen wir doch gleich mal weiter mit den Fragen. Hast du dir das Nähen wirklich selbst beigebracht oder hast du mal einen Kurs besucht?

Rosalieb & Wildblau
Rosalieb & Wildblau

Das Nähen habe ich mir tatsächlich komplett selbst beigebracht. Ich kann euch sagen, am Anfang war es eine reine Katastrophe! Ich glaube, mein erster Body hätte sich wahrscheinlich am liebsten selbst in Luft aufgelöst, wenn er gekonnt hätte. Bis ich verstanden habe, wie man einfasst … naja ich kann jedem nur raten, dranzubleiben! Es ist eine wunderschöne Tätigkeit und es wird mit der Zeit! Theoretisch muss man nur die richtige Anleitung finden, eine, die das eigene Verständnis anspricht, und dann macht's Klick! Ich hoffe natürlich, dass das bei meinen Anleitungen möglichst oft der Fall ist.

Der Schritt vom Nähen für sich selbst und dem Erstellen von Schnittmustern ist ja doch sehr groß. Wie kam es dazu, dass du gesagt hast, ich mache jetzt meine eigenen E-Books?

Hm, gute Frage! Tatsächlich war er bei mir gar nicht soo groß. Ich habe ein recht gutes räumliches Denken, das hat mir viel geholfen, mir die Schnittmuster vorzustellen und zu erkennen, wie sich welche Formen auswirken. Da ich schon immer fürs „Selbermachen“ war, habe ich, noch bevor ich wirklich gut nähen konnte, die ersten Schnitte versucht. Einen habe ich dann auf einer großen Flohmarktplattform mit vielen Damen getestet. Das war mein erstes veröffentlichtes Schnittmuster – „Feechens Buxe“. Man lernt so viele Zusammenhänge, Auswirkungen und vor allem Vorgänge nur beim Machen! Bücher, Kurse und all das können dir etwas beibringen, aber Erfahrungen bekommt man nur beim Selbstversuch. Ich bin sicher, ich mache auch heute noch Dinge auf meine eigene Art, aber ich finde das vollkommen o.k.! Ich gehe immer nach meinen Erfahrungswerten – auch das macht meine E-Books und Schnittmuster 100% zu Rosalieb & Wildblau-E-Books.

Und Schnitte sind es ja ganz schön viele geworden. Woher bekommst du deine Ideen?

Haha, meine Ideen … ja also, um ehrlich zu sein, bekomme ich sie zu 99% im Bett oder auch im Bad, z.B. beim Duschen. Das ist auch der Grund, weshalb an beiden Orten immer Stift und Papier liegen.

Schnittmuster und E-Books sind immer auch Unikate. Was ist dein persönlicher Ansatz, um dich von anderen dabei abhzuheben?

Wie gesagt, die E-Books und Schnittmuster sind immer nach meinen Erfahrungswerten gestaltet. Ich glaube, es gibt sehr viele mega kreative Designer und ich hoffe ja immer, dass der Kunde die Persönlichkeit herausfühlt und sich dann natürlich auch möglichst viele von meinen E-Books angesprochen fühlen. Ich denke, es ist wie mit Menschen untereinander. Entweder man fühlt sich mitgenommen oder nicht, je nachdem, welcher Charakter zu einem selbst passt. Somit bin ich der Meinung, dass eigentlich jeder Designer so oder so einzigartige E-Books und Schnittmuster erstellt, ganz ohne sich gezwungen abheben zu müssen. Bei den Schnitten selbst versuche ich einfach, meine Ideen umzusetzen. Auf Trends oder möglichst ausgeflippte Ideen lege ich dabei ehrlich gesagt gar nicht so großen Wert. Es muss mir einfach gefallen und schön umsetzbar sein.

Was ist dir beim Erstellen eines Schnittes bzw. eines E-Books denn besonders wichtig? Gibt es Dinge, auf die du ganz besonderen Wert legst?

Ohja! Das Wichtigste überhaupt – die Tabelle muss stimmen. Ich finde es so schade, wenn es nachher nicht passt. Meine Probenäherinnen bekommen bei Damenschnittmustern gleich am Anfang des Tests eine Tabelle, an die sie sich zu 100% halten müssen. Mir ist es sooo wichtig, dass sich die Kunden später darauf verlassen können! Ich zeichne meine Schnittmuster immer nach meiner eigenen Figur und weil Frauen einfach sehr sehr unterschiedlich gebaut sind, kommt es durchaus vor, dass man für sich selbst anpassen muss! Mir ist es auch sehr wichtig, dass man dazu Hinweise im E-Book findet. Allgemein kann ich jedem nur empfehlen, sich generell mit der Anpassung an den eigenen Körper zu beschäftigen. Mit etwas Übung gelingt das besser und besser und es macht mega stolz, wenn das Teilchen am Ende richtig gut passt! Ansonsten bringe ich in meine E-Books gerne die Erfahrungen aus dem Nähen mit ein. Das können Tipps, Tricks oder Hinweise zu Stellen, die sich im Nähen als besonders schwierig erwiesen haben, sein.

Dein Angebot ist sehr vielseitig – du hast Schnitte für Kinder und Erwachsene gleichermaßen im Angebot. Wo liegen bei den beiden Zielgruppen die besonderen Herausforderungen?

Bei Schnittmustern für Damen ist die besondere Herausforderung, etwas zu schaffen, dass in allen Größen wirklich gut passt und zum Wohlfühlen einlädt. Kleindung, die zwar gut aussieht, aber man sich darin fühlt, als müssen man gehen wie ein Stock, finde ich einfach nicht gut. Bei den Kinderschnittmustern ist mir besonders eine bequeme, spielfreundliche Passform wichtig. Hier ist die besondere Herausforderung, dass meine schnörkeligen, fantasievollen Ideen in etwas Alltagstaugliches verpackt werden wollen.

Wenn du mal an deine eigene Nähkarriere denkst, bist du sicher mit vielen E-Books in Berührung gekommen. Was macht für dich ein gutes E-Book aus – bzw. gibt es Dinge, über die du dich beim Selbernähen geärgert hast?

Ja, ja, ja! Tabellen! Ich habe leider ein Händchen, hier oft nicht die richtige Wahl zu treffen bei gekauften Schnittmustern. Es ist so schade, wenn es nachher nicht passt. Dann natürlich eine gute Erklärung.  Gerade bei neuen Nähschritten oder wenn eine Idee etwas komplizierter ist, finde ich gute und ausführliche Erklärungen unglaublich wichtig. Natürlich kommt es aber auch hier wieder auf einen selbst an. Wie vorher schon erwähnt, muss ich mich angesprochen fühlen.

Wenn wir bei den E-Books der anderen bleiben – hast du irgendwelche Lieblignsschnitte, außer natürlich deinen eigenen? Wenn ja, welche sind das?

Für mich persönlich liebe ich z.B. die Hose „Biggi“. Sie passt so toll, man kann sich auf die Tabelle verlassen und der Look ist einfach genau meins! Für die Kinder gibt es mehrere, wobei ich so viele liebe Kolleginnen empfehlen kann! Probiert am besten einfach immer wieder neue Schnittmuster aus. Wir geben uns alle große Mühe mit unserer Arbeit und auch neue, oder neuere Designer mit kleineren Labels wie z.B. ich, haben die Chance, euer neues Lieblingsschnittmuster im Angebot zu haben! Traut euch und sammelt Erfahrungen.

A propos Erfahrungen: Das Nähfieber hat durch Corona neuen Schwung gewonnen – Selbermachen ist wieder deutlich mehr gefragt. Was muss die Nähszene deiner Meinung nach tun, damit dieser Trend auch auf Dauer weiter anhält?

Schwierige Frage. Ich denke, Dinge selbst zu machen ist ein Lebensgefühl. Wer einmal auf den Geschmack gekommen ist, wird mit etwas Durchhaltevermögen sicherlich dabei bleiben. Und wenn man sich all die schönen Nähwerke auf Facebook & Co. anschaut, kann man doch gar nicht anders, als selbst Nadel anzulegen, oder?

Da hast du natürlich recht. Und wie ist es im Detail bei dir selbst? Welche Pläne hast du für die kommenden Monate?

Ui, das ist spannend. Also, Pläne hab ich immer wie ein Weltmeister. In der Realität hat der Tag leider nur 24 der benötigten 70 Stunden. Ich möchte natürlich weiter E-Books erstellen und Stoffe designen. Ein eigener Laden und ein gedrucktes Buch bei einem Verlang sind weit gesteckte Ziele und Träume.

Was würdest du jemanden raten, der neu mit dem Nähen beginnen möchte? Was muss angeschafft werden? Und ist vielleicht doch ein Nähkurs eine gute Idee?

Also klar, ein Nähkurs schadet bestimmt niemals! Meine klare Empfehlung, obwohl ich weiß, dass man, gerade wenn noch nicht sicher ist, ob das etwas für einen ist, diesen Satz nicht hören möchte: gutes Werkzeug! Eine gute Nähmaschine, gutes Garn und Co. sind für mich das Wichtigste. Man kann nur schwer Freude und Leidenschaft für etwas entwickeln, wenn es schon am Arbeitsmaterial fehlt. Ich musste damals ganz am Anfang feststellen, dass einige Probleme tatsächlich nicht an mir lagen, sondern an meiner minderwertigen Nähmaschine. Das ist gerade am Anfang, denke ich mal, oft so frustrierend, dass einige an dem Punkt bereits wieder aufgeben, obwohl es gar nicht sein müsste. Gute Maschinen gibt es ja auch gebraucht, oder man kann sich vielleicht für die ersten Versuche eine ausleihen.

Du entwickelst ja nicht nur Schnitte, du gestaltest eben auch Stoffe. Wobei liegt darin die besondere Herausforderung?

Hier ist die besondere Herausforderung tatsächlich das Equipment. Ich musste erst einmal in einen Hochleistungs- PC, ein Grafiktablett und all das investieren. Ansonsten gibt es viele kleinere Herausforderungen, seien sie technischer oder gestalterischer Natur.

Wie viel Zeit vergeht von der ersten Idee bis zum fertigen Stoff? „Ich entwerfe Stoffe“, das klingt eigentlich entspannt und einfach, ist es aber sicherlich nicht …

Entspannend ist es schon eigentlich.  Ich male und zeichne für mein Leben gerne und auch zur Entspannung, also ist dieser Schritt ganz o.k. Was wirklicher Horror war, war eine gute Druckerei zu finden! Was einem da teilweise widerfährt, verkauft wird oder wie zum Teil mit einem umgegangen wird, ist in manchen Fällen wirklich gruselig. Aber nach all der Zeit habe ich einen Partner gefunden, bei dem einfach alles stimmt, dafür bin ich sehr dankbar. Zwischen dem Entwurf und dem fertige Stoff liegen etwa 7-8 Wochen. Dabei sind ca. 6 Wochen die Produktionszeit und der Druck.

Kommen wir nochmal zurück zum Nähen: Gibt es Dinge an der Nähmaschine, die du überhaupt gar nicht gern tust? Wenn ja, was ist es?

Jup, die gibt es sowohl an der Nähmaschine als auch beim Nähen selbst. An der Nähmaschine – den ewig leeren Unterfaden wieder aufzuspulen. Der ist doch wirklich immer leer wenn es nicht passt, oder? Beim Nähen selbst sind es Reißverschlüsse. Ich kann sie verarbeiten, so ist es nicht, aber wenn es sich vermeiden lässt, bin ich sofort dabei.

Und welche Projekte würdest du gerne realisieren, wenn Zeit und Geld keine Rolle spielen würden?

Wie vorher schon einmal erwähnt, ein eigener Laden und ein oder mehrere Bücher bei einem Verlag wären eine coole Sache. Ansonsten, wenn es nicht ums Nähen geht, Pferde für meine beiden Kinder und mich und ein Haus mit Erkern und einem verwunschenen Garten. 

Wir hätten da noch eine Frage in eigener Sache. Bei Sewunity ist es ja so, dass die User Schnittmuster mit Sternen bewerten, fünf Sterne sind die Höchstwertung. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?

Ich finde eure Plattform toll! Ihr habt eine große Auswahl und man findet schnell, was man sucht. Wichtiges ist immer deutlich auf der ersten Seite erkennbar und euer Support für uns Designer ist liebevoll, zuverlässig und verständnisvoll. Kurzum – ich mag euch und fühle mich wohl bei euch! Von mir gibt es 5 Sterne.

Vielen lieben Dank dafür! Lust noch auf unser kleines Entscheidungsspiel? Wir präsentieren dir jeweils zwei Begriffe zur Auswahl – wähl doch bitte denjenigen aus, der für dich zutreffend ist:

Klar, super gerne!

Rollschneider oder Schere? Schere 

E-Book oder Papierschnitt? E-Book

Webware oder Maschenware? Maschenware

Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Gleiche Farbe 😃

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Online

Couch oder Laufschuhe? Couch!!

Kaffee oder Tee? Kaffee

Vielen Dank für das Gespräch!

Ich danke euch von Herzen!