Jeans - ein Basic in jedem Kleiderschrank. Und ein tolles Material noch dazu! Gerade, wenn die Kinder etwas älter werden und die Materialien nicht mehr verspielt und niedlich, sondern cool sein müssen, ist Jeans oft das Mittel der Wahl. Doch viele Näher scheuen vor der Verarbeitung des fest gewebten Stoffes zurück. Warum eigentlich? Mit den richtigen Tipps & Tricks ist das Verarbeiten von Jeans nämlich überhaupt kein Problem!
Eigentlich bezeichnet Jeans ja gar kein Material, sondern eine Hosenform. Die eigentliche Bezeichnung von klassischem Jeans-Stoff ist Denim - ein in Köperbindung gewebter Baumwollstoff, bei dem die Kettfäden blau eingefärbt, die Schussfäden aber ungefärbt sind. Durch diese Webtechnik entsteht zum einen die charakteristische ungleichmäßige Färbung des Stoffs, zum anderen die diagonal verlaufende Struktur, die Jeans auszeichnet.
Es gibt aber mittlerweile nicht mehr nur den reinen, festen Denim, sondern jede Menge anderer Jeansstoffe. Bei Stretch-Jeans ist mehr oder weniger viel Elasthan mitverarbeitet, sodass der Stoff eine gewisse Dehnbarkeit erhält. Chambray oder Sommerjeans besteht aus deutlich dünneren Fäden und ist lockerer gewebt, sodass man zwar den Jeans-Look hat, der Stoff aber gut für Blusen, Röcke oder Kleider geeignet ist. Und Jeans-Jersey schließlich sieht zwar aus wie Jeans, ist aber ein gestrickter, hochelastischer Stoff. Hier wird der Effekt entweder durch eine eingestrickte Struktur erreicht oder im Digitaldruckverfahren einfach "aufgemalt".
Je nachdem, welches Material man dann vor sich liegen hat, unterscheidet sich auch die Herangehensweise bei der Verarbeitung. Ich beschränke mich jetzt mal auf die festen Stoffe - Denim und Stretch-Jeans -, denn wie man Jersey verarbeitet, haben wir im Nähkästchen schon behandelt.
Bei Jeansstoffen ist die Vorwäsche wirklich immer zu empfehlen. Es ist nämlich typisch für Jeans, dass sie mit der Zeit noch "ausbluten", das heißt, dass Farbstoff verloren geht. Bei Kaufjeans merkt man das manchmal daran, dass helle Unterwäsche auf einmal hellblau aussieht - oder auch daran, dass mitgewaschene Kleidungsstücke blaue Flecken bekommen. Beim Vernähen von ungewaschenen Jeansstoffen sind blaue Finger keine Seltenheit.
Wenn man dann den richtigen Schnitt gefunden hat, ist beim Zuschneiden auch ein bisschen was zu beachten. Jeansstoff neigt ziemlich zum Ausfransen. Das liegt an der Bindung, und als Konsequenz sollte man ausreichend Nahtzugabe mit einplanen. Versäubern ist unabdingbar, entweder vor dem Nähen, oder aber man arbeitet mit der Overlock (dazu aber später noch mehr). Außerdem hat Jeans, auch wenn kein Muster aufgedruckt ist, immer eine Laufrichtung, also ein oben und unten. Es ist wichtig, z.B. Hosenbein-Schnitteile nicht gegenläufig auf den Stoff zu legen, das sieht man sonst unter Umständen am fertigen Objekt.
Jeans-Nadeln sind auf jeden Fall sinnvoll. Sie haben eine etwas spitzere Spitze als eine Universalnadel, sind aber nicht scharf wie etwa Ledernadeln. Außerdem sind sie stabiler - Jeansnadeln werden vor allem in den Stärken 90, 100 und 110 produziert. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Maschine bei einer klassischen Jeans manchmal durch 8 Lagen Jeans nähen muss, was bei einem echten Denim zur Herausforderung werden kann.
Eine klassische Jeansnaht ist immer der Geradausstich. Für gewöhnlich wählt man eine etwas größere Stichlänge, das kommt aber aufs Projekt und natürlich die Voreinstellung eurer Nähmaschine ein. Man kann für Jeans auch spezielle Fäden kaufen. Diese sind besonders robust und auch dicker als normales Nähgarn. Ein handelsüblicher Jeansfaden (der z.B. auch als "extra stark" o.ä. verkauft wird) erkennt man an seinem Fadengewicht, das als Stärke auf der Spule aufgedruckt ist. Jeansfäden haben hier die Stärke 40 (das bedeutet, dass 40 m dieses Fadens 1 g wiegen). Zum Vergleich: Klassischer Allesnäher hat die Stärke 100.
Durch dieses dickere Garn entstehen dann auch die charakteristischen auffälligen Jeansnähte, wenn man die geschlossenen Nähte absteppt. Jetzt kommt auch wieder die Overlock ins Spiel: Natürlich kann man Jeans auch mit der Overlock vernähen. Aus Stabilitäts- und bei klassischen Jeans auch optischen Gründen sollten aber alle Overlocknähte noch einmal abgesteppt werden - wenn möglich von, rechts. Wo das nicht möglich ist (bei der Außenbeinnaht z.B., wenn man sich an ein klassisches Jeans-Schnittmuster hält), wird die Naht innen noch einmal mit einem Geradeausstich gesichert. Schaut euch mal Kaufjeans an, auch dort ist das so gemacht.
Wenn man nicht den stärkeren Faden verwenden will, weil man ihn entweder nicht zur Verfügung hat, oder weil die Maschine mit der Verarbeitung Probleme hat, dann kann man den Effekt der stärkeren Jeansnaht auch erzielen, indem man den Dreifach-Geradeausstich verwendet. Hier ist dann zugleich auch wieder Elastizität geboten, was gerade bei Stretch-Jeans oder Jeggings sinnvoll ist.
Ja, und dann kann man auch schon loslegen! Jeans ist schwer, also ist darauf zu achten, dass das Nähgut sich beim Nähen nicht verzieht. Ein Anschiebetisch ist hilfreich, aber oft ist auch schon mit Stecken oder Heften viel gewonnen. Wenn möglich, den Nähfußdruck erhöhen, damit die Lagen sauber transportiert werden. Auch ein Obertransport leistet beim Jeansnähen gute Dienste. Vor allem bei mehreren Lagen ist langsames Nähen von Vorteil - denkt zu Beispiel an die Schrittnaht von Jeanshosen. Damit hier beim Absteppen wirklich ein sauberes Quadrat entsteht, ist Präzision nötig
Übrigens: Nieten gehören ja klassischerweise auch an Jeans. Sie werden dort eingesetzt, wo die Nähte stark beansprucht werden, also an den Tascheneingriffen und an der Spitze des Reißverschlusses.
Natürlich lässt sich aus Jeansstoffen noch viel mehr nähen als nur Hosen! Doch auch Röcke, Jacken, Taschen und Mützen können mit der richtigen Technik genau so "original jeansig" aussehen - ich hoffe, ihr habt Spaß beim Nähen!