Fundstück der Woche: Hej. Skandi-Chic von Anja Roloff

Skandi ist Trend. Schon seit vielen Jahren versteht man unter diesem Begriff eine klare, geradlinige Designsprache, wie sie in skandinavischen Ländern verbreitet ist. Bisher hat man sich damit eher auf Einrichtung und Deko bezogen, aber nun hat der Ausdruck auch in der Mode Einzug gehalten. Gemeint sind also schlichte, funktionelle Designs, die in ihrer Einfachheit umso mehr begeistern. Das neue Buch von Anja Roloff, die in der Nähszene unter aenniesews ein Begriff ist, hat sich dieses Stils angenommen. Wir haben für euch genauer hingeschaut, ob sich die Anschaffung lohnt.

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Hej. Skandi Chic - Kleidung nähen von Anja Roloff
Hej. Skandi Chic - Kleidung nähen von Anja Roloff

Das Buch mit dem Titel "Hej. Skandi-Chic - Kleidung nähen" ist in der Edition Michael Fischer erschienen. Es umfasst 128 Seiten in stabiler Hardcoverbindung und drei Schnittmusterbögen. Die Schnitte decken den Größenbereich 34-44 ab. Die Schnittbögen aus stabilem Papier sind in Vor- und Nachsatz eingeklebt. Allerdings habe ich mich sehr gefreut: Im Nachsatz ist nämlich eine große Einsteckecke befestigt, in der die Bögen nach Benutzung sicher verstaut werden können. Auch sind die Befestigungspunkte so gewählt, dass sie die Bögen halten, aber beim Ablösen weder Schnittbogen noch Vorsatzpapier beschädigen. Sehr gut gelöst!

In der Gestaltung des Buchs spiegelt sich das Thema Skandi eindeutig wider. Klare, geometrische Strukturen, cleane Schriften, gute, helle Fotos - das Design gefällt mir! Die skandinavische Formensprache trägt hier eindeutig zu guter Orientierung und Übersichtlichkeit bei.

Wie es üblich ist, beginnt auch dieses Nähbuch mit einem Grundlagenteil, in dem Stoffkunde den Anfang macht. Da in dem Buch vor allem Schnitte für Webware enthalten sind, wird Maschenware nur zu Beginn erwähnt, dafür erfährt man einiges über die verschiedensten Webwaren, von Chiffon über Denim bis Voile. Die wichtigsten Nähhelferlein werden vorgestellt und es gibt einen Exkurs über Nähmaschinenfüßchen. Etwas versteckt findet sich im Grundlagenteil  auch die Maßtabelle im Bereich Näh-Basics, wo es ein Unterkapitel über das korrekte Vermessen gibt. Hier wäre es hilfreich gewesen, dieses elementare Kapitel im Inhaltsverzeichnis zu benennen - so geht jedes Mal, wenn man einen neuen Schnitt nähen möchte, erst mal die Suche nach der Maßtabelle los ...

Dann werden einige Techniken, die im Buch öfter vorkommen (wie zum Beispiel Seitennahttaschen, Kräuseln, Knopflöcher nähen) im Detail vorgestellt. Das ist ein guter Kniff, um bei den Anleitungen Platz zu sparen, aber dennoch auch Nähanfänger abzuholen.

Und dann geht es auch schon los mit den Projekten. Das Buch enthält 15 Projekte (wobei Nummer 15 ein Scrunchie ist und eigentlich nicht richtig "zählt") für Damen-Oberbekleidung. Kleider, Röcke, Hosen, Oberteile, eine komplette Garderobe kann man sich hier zusammenstellen. Die Schnittmuster sind in Schwierigkeitsstufen eingeordnet (von einem Knopf "Schaffst du locker" bis drei Knöpfe "Mit etwas Muße wirst du mit etwas Wunderbarem belohnt"). Jedes Projekt beginnt mit einer Stoffempfehlung, dem Stoffverbrauch und der Aufschlüsselung des Zuschnitts. Nie fehlt der Hinweis auf die Nahtzugabe, die hinzugefügt werden muss. Außerdem gibt es für jeden Schnitt Tipps zu Abwandlungen oder möglichen Stoplerstellen.

Knotenshirt Stine aus schwarzer Webviskose
Knotenshirt Stine aus schwarzer Webviskose

Die Anleitungen selbst sind klar strukturiert und (für ein Buch) reich bebildert. Zum Test  habe ich für meine Tochter das Faltenshirt Stine aus schwarzer gewebter Viskose genäht. Der Schnitt ist mit Schwierigkeitsgrad 1 bewertet. Das kann ich nur bedingt unterschreiben - ich finde, mit Belegen zu arbeiten, ist nicht gerade ideal für ein allererstes Webware-Oberteil. Gerade der Knotenbeleg erfordert hier schon ein bisschen mehr Mitdenken als ein "normales" T-Shirt.

Ansonsten ist Stine aber ein wirklich schnell genähtes Projekt. Dank der angeschnittenen Ärmel sind es nicht viele Teile und Nähte. Ich war zugegebenermaßen etwas skeptisch, als ich die zugeschnittenen Teile gesehen habe - ob das wirklich leicht oversizig wird? Die Maße meiner Tochter entsprechen genau einer 38 auf der Maßtabelle. Und ja: Es passt perfekt. Das Knotenshirt sitzt locker, aber nicht zu voluminös. Der Saum endet da, wo er soll, der Knoten ist ein tolles Highlight. Die Schnitte fallen also genau so aus, wie sie auf den Modelfotos wirken, und man kann sich gut auf die Maßtabelle verlassen.

Den Abschluss bildet für mich ein kleines Highlight des Buchs: der Flatlay-Exkurs (den ich gleich als Anregung genommen habe). Hier zeigt Anja nicht nur schön arrangierte Flatlays der enthaltenen Modelle, sondern gibt auch Tipps dazu, wie man Flatlays inszeniert und für sich selber nutzt. Interessant, wie anders ein Modell mit anderen Accessoires wirkt! So kann man gut ausprobieren, wie das genähte Kleidungsstück wirken kann. Das fand ich wirklich ungewöhnlich und hilfreich - denn schließlich zeigen wir alle gerne, was wir genäht haben!

Mein Fazit: Wer den Stil der Kleidung (locker sitzend bis oversizig, schlichte Linienführung) mag, der wird dieses Buch lieben! Es ist für Einsteiger ins Kleidung-Nähen geeignet, aber auch "alte Hasen" können hier noch Neues entdecken.


Hej. Skandi-Chic - Kleidung nähen

Anja Roloff

128 Seiten, Hardcover, 3 Schnittbögen

€ [D] 20,00, ISBN 978-3-7459-0054-5

Erschienen in der Edition Michael Fischer

Foto vom Cover: © Edition Michael Fischer

Wir danken der Edition Michael Fischer, die uns ein Exemplar dieses Buches für die Vorstellung zur Verfügung gestellt hat.