Interview der Woche: Anita von UnendlichSchön

Ihr Label verspricht, was  wir uns alle wünschen: UnendlichSchön macht Mode für Damen, die klassisch, aber individuell ist. Bei Anita werden alle Frauen fündig, denn ihre Schnitte decken das Größenspektrum von 32 bis 56 ab. Wie die ausgebildete Schnittdirectrice  zu den E-Books gekommen ist und warum sie beim Gradieren immer an die  Bedürfnisse ihrer Zielgruppe denken muss, erklärt sie uns im Interview.

Avatar
Anita von UnendlichSchön
Anita von UnendlichSchön

Sewunity: Hallo liebe Anita, wie schön, dass du Zeit für uns hast! Wovon halte ich dich denn ab?

Anita: Gute Frage, ich bin grade dabei, drei neue E-Books zum Probenähen vorzubereiten.

Du bist bei unseren Usern als Designerin bekannt und beliebt. Wolltest du schon immer was mit Mode machen?

Sagen wir es mal so, ich bin mit 15 Jahren in die Ausbildung gegangen, um eine Lehre als Schneiderin zu beginnen, ohne eine Ahnung zu haben, wie sich mein Weg mal entwickeln wird. Meine Mutter hat immer alles für uns Kinder genäht und ich kann mich noch gut erinnern, dass ich damals schon gern für sie die Burda-Schnitte herauskopiert habe.

Wann hat bei dir die Sache mit dem Nähen angefangen? Gibt es da eine Geschichte dazu?

Angefangen zu nähen habe ich tatsächlich erst in meiner Ausbildung. Die ersten Tage nur auf Papier, um ein Gefühl für einen Schnellnäher zubekommen. Nach kurzer Zeit habe ich dann auch zu Hause angefangen, auf der Nähmaschine meiner Mutter die ersten Teile für mich zu nähen. Während der Ausbildung habe ich schon immer sehnsüchtig die Arbeiten der Schnittdirektice beobachtet und meine Lieblingsabteilung war eigentlich der Zuschnitt, wo mit Hilfe von vorher angefertigten Zeichenlagen die Modelle ausgeschnitten worden sind. Da bin ich dann auch das erste Mal mit Konfektions-Schnittmustern in Kontakt gekommen. Zu Hause habe ich dann bald meine ersten eigenen Schnittabwandlungen gemacht. Nach Originalschnitt zu nähen war mir immer zu langweilig. Schon damals habe ich mit Schnittmustern rumexperimentiert, weil es einfach mein Ding war und immer noch ist.

Du bist ja ausgebildete Schnittdirektrice und hast schon für große Firmen gearbeitet. Aber wann hast du dir gesagt: Ich mach mich jetzt selbständig und verkaufe meine E-Books? Gab es da einen Anlass?

Oh das war noch ein langer Weg. Nachdem in der letzten großen Firma die Chefs der Meinung waren, dass Schnitterstellen ja nur noch ein Mausklick mit einem Schnittkonstruktionsprogamm ist und mir die Arbeit über den Kopf gewachsen war, weil es immer mehr und mehr wurde, habe ich kurzerhand gekündigt.

Da es in meiner Nähe keine weitere Firma gab, in der ich als Schnittdirektrice hätte arbeiten können, habe ich mich dann selbstständig gemacht.

Erst habe ich für eine dänische Franchise-Firma dänische Mode auf Modepartys verkauft und mir zu Hause ein Zimmer für den Verkauf eingerichtet, um auch von zu Hause aus Teile verkaufen zu können.

Nach kurzer Zeit habe ich dann anfangen, mir Stoffe zu besorgen, habe meine ersten Entwürfe selbst konstruiert, geschneidert und dann auch mitverkauft.

Bald kamen dann noch die außergewöhnlichsten Kundenwünsche dazu, die ich dann natürlich auch noch genäht habe, wem hätte ich das zum Nähen auch sonst erklären und beschreiben können?

Anita in Lale, dem asymmetrischen Kimonoshirt
Anita in Lale, dem asymmetrischen Kimonoshirt

Nach 1½ Jahren habe ich den Verkauf der dänische Mode aufgegeben und nur noch meine eigenen oder nach Kundenwünschen angefertigte Stücke verkauft. Bald fand sich dann auch das erste Atelier auf einem Hof, auf dem ich dann meine Entwürfe und dazu passende Accessoires verkauft habe. Durch Zufall bin ich dann beim Stoffkauf mit einer Verkäuferin in ein Gespräch gekommen, durch das ich inspiriert wurde, mir ein professionelles Schnittprogramm zuzulegen. Ich hatte schon Bammel, ob ich diese Investition wieder reinbekommen würde, aber es ist nun mal mein Steckenpferd! Die neueste Software bietet mir nun die Möglichkeit, Schnittmuster, Serien, Kollektionen in verschiedenen Größen professionell zu erstellen, wobei das Programm ohne die fundiert fachliche Ausbildung zur Schnittdirektrice und Bekleidungstechnikerin völlig nutzlos wäre. Viel später habe ich dann auch angefangen, meine ersten Schnittmuster auch als Papierschnitte im Laden und im Internet oder auf Ausstellungen zu verkaufen. Seit 2019 vertreibe ich nun meine Schnitte auch als eBook.

Was ist für dich der größte Unterschied zwischen der „konventionellen“ Mode, die man kaufen kann, und selbst genähter Kleidung?

Tja, das ist leicht zu beantworten: Wer selber nähen kann, möchte oft nichts mehr kaufen, wenn man die Möglichkeit hat, sich sein individuelles Modell in Farbe, Form, Länge und Größe selbst zu erstellen. Was gibt es Schöneres oder Kreativeres? Oder, wenn man auf Sondermaße angewiesen ist, weil man besonders klein, groß, oder durch Krankheit oder Unfall nicht mehr der Norm entspricht, kann man sich was nähen oder nähen lassen.

Konventionelle Mode hingegen kann evtl. beim Änderungsschneider gekürzt oder enger gemacht werden, aber auf spezielle Wünsche geht keiner ein, man kauft, was man sieht und da hängt, und wenn man Pech hat, laufen zigtausend Leute mit dem gleichen Teil rum, ganz zu schweigen von den Herstellungsbedingungen und anderen Sachen, mit denen wir nicht immer konform sein müssen.

Was macht für dich Mode aus? Oder geht es gar nicht um Mode, sondern um Stil?

Mode und Marken waren mir noch nie so wichtig. Ich finde es total spannend und kreativ, einen Schnitt zu erstellen und zu sehen, was aus einem Schnitt alles gemacht werden kann. Grade auch jetzt mit den Probenäherinnen bin ich immer wieder überrascht, wie vielfällig ein Schnitt ausfallen kann, je nachdem welches Material, welcher Stoffmix und welche Accessoires wie Knöpfe, Paspeln usw. die Optik des Schnittes verändern, ganz zu schweigen von der Wirkung mit den unterschiedlichen Trägerinnen.

Dein Label heißt ja „UnendlichSchön“ – ein tolles Statement. Wie bist du auf den Namen gekommen?

Ja wie kommt man auf UnendlichSchön? Ich war damals in der Schweiz bei einem meditativen Malkurs und da habe ich ganz intuitiv das Unendlichkeits-Zeichen, die liegende Acht, gemalt in mehreren Bildern. Da war schon mal das „Unendlich“ geboren und für mich und in Beziehung auf Mode das „Schön“. Ich habe lange hin und her überlegt ob ich es wagen soll, mich wirklich UnendlichSchön zu nennen. Ja, kann ich!

Wir beschäftigen uns heute mit Mode für Plus-Size-Größen. Deine Schnitte decken den Bedarf sowohl sehr schlanker als auch sehr fülliger Damen ab. Worauf achtest du da besonders?

Da ich ja jahrelang Schnittmuster gradiert (vergrößert/verkleinert) habe, war mir das irgendwie klar. Man kann fast jeden Schnitt in allen Größen umsetzten, wenn man nicht stur in gleichen Sprüngen gradiert. Das heißt, die kleinen Größen legen viel Wert auf ihr schlanke Figur und möchten das auch betonen, also wird bei den kleinen Größen mehr auf Taille und enganliegende Maße geachtet, umso größer der Schnitt dann wird, verliert sich die Taille immer mehr, die Frauen wollen lockere Kleidung, ohne plump zu wirken, und das kann ich beim Gradieren berücksichtigen.

Erlaubst du uns einen kleinen Blick hinter die Kulissen? Wie sieht ein Tag im Leben von Anita Lüchtefeld aus?

Oh je, mittlerweile ist es so, dass ich morgens die Post fertig mache, also die Bestellungen von Stoffen und Papierschnittmuster. Dann setze ich mich an den Rechner und mache Schnittmuster – entweder meine eigenen oder für Designer und Auftraggeber aller Couleur, die ihre E-Books von mir erstellen lassen. Zum Nähen bleibt mir eigentlich gar keine Zeit mehr, das mache ich fast nur noch bei meinen Erstschnitten, damit ich kontrollieren kann, ob alles so sitzt, wie ich es mir vorstelle, und damit ich die Dokumentation für die spätere Nähbeschreibung mit Fotos, Text und Zeichnungen habe.

Und dürfen wir ein bisschen spickeln? Hast du schon konkrete Pläne, auf was wir uns als nächstes freuen dürfen?

Die Longbluse Sayuri Curvy
Die Longbluse Sayuri Curvy

Na ja, ich bin dabei einen neuen Hemdblusenschnitt für Damen, Herren und Kinder fertig zu erstellen.

Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Auf Sewunity können ja Schnittmuster nach einem Fünf-Sterne-Prinzip bewertet werden. Wie viele Sterne würdest du denn Sewunity geben, und warum?

Jeder hat 5 Sterne verdient, auch Sewunity! Ihr bietet Designern eine Plattform sich zu präsentieren und macht dabei noch Werbung, das ist auf jeden Fall 5 Sterne Wert.

Und ein kleines Spielchen wollen wir auch noch mit dir spielen. Ich nenne dir immer zwei Begriffe und du sagst ganz spontan, was für dich eher zutrifft:

- Rollschneider oder Schere? Schere

- E-Book oder Papierschnitt? Papierschnitt, für mich persönlich ist es viel zu fuckelig erst alles zusammenkleben zu müssen.

- Webware oder Maschenware? Mir gefällt beides, je nachdem, was für ein Projekt man grade macht, ist beides gut und schön. Aber wenn es für einen Schnitt beide Alternativen gibt, nehme ich lieber Webware.

- Nähkurs oder Autodidakt? Nähkurs, durch einen Nähkurs bekommt man so viel kleine Tipps, die man als Autodidakt nur schwer mitbekommt.

- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Meistens umfädeln – ist doch schnell gemacht und sieht auch von innen schöner aus.

- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Was soll ich nun dazu sagen, ich verkaufe auch online Stoffe, wobei ich persönlich den Stoff direkt gefühlt und gesehen haben muss, um ihn vernünftig zu beurteilen. Hierfür besuche ich dann aber auch Fachmessen etc.! Der weitere Ablauf mit meinen Händlern geht dann schon online, da kenne ich aber auch mindestens zu 90 % die Qualität der Stoffe.

- Couch oder Laufschuhe? Beides

- Kaffee oder Tee? Kaffee

Vielen Dank für deinen Besuch!