Interview der Woche: Carina von sewera

Diese Woche stattet das Sewunity-Nähcafé der schönen Schweiz einen Besuch ab und lädt Carina vom Label sewera auf eine Tasse Tee ein. Carina verrät nicht nur, welches Großprojekt sie jede Menge Zeit und Nerven gekostet hat, sondern auch, was beim Nähen von Sportkleidung allgemein zu beachten ist.
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Diese Woche stattet das Sewunity-Nähcafé der schönen Schweiz einen Besuch ab und lädt Carina vom Label sewera auf eine Tasse Tee ein. Carina verrät nicht nur, welches Großprojekt sie jede Menge Zeit und Nerven gekostet hat, sondern auch, was beim Nähen von Sportkleidung allgemein zu beachten ist.

Sewunity: Liebe Carina, schön, dass wir heute mit dem Sewunity-Nähcafé einmal eine Reise zu dir in die Schweiz machen dürfen. Fangen wir doch mal ganz allgemein an – magst du dich kurz vorstellen?

Logo seweraCarina: Hi, ich bin der kreative Kopf hinter Sewera. Als Mutter von zwei Kindern lebe ich im Nordwesten der Schweiz in einem Haus. Hier bin ich aufgewachsen, hab seit Kindheit genäht, Modeentwürfe gezeichnet und nun unter anderem auch mein Atelier für Massarbeiten, Änderungen, Reparaturen und meine Hauptarbeit: das Designen von Schnittmustern.

Bist du wie viele eher zufällig zum Nähen gekommen oder hast du es von der Pike aus gelernt, z.B. durch eine entsprechende Ausbildung? Erzähl doch mal …

Genäht hab ich schon so lange ich mich zurück erinnern mag, als kleines Mädchen von Hand für meine Barbiepuppen (gespielt hab ich damit zwar nicht, aber sie waren super Models!), in der Handarbeitsschule hab ich immer zu den Strebern gehört und nach der Schule hab ich eine Ausbildung zur Bekleidungsgestalterin Fachrichtung Damenbekleidung gemacht. Besser bekannt auch als Damenschneiderin.

Wie bist du dann dazu gekommen, selbst Schnitte zu entwerfen und zu veröffentlichen?

Ich hab schon während der Ausbildung für meine Mama und mich die ersten Schnitte entworfen und umgesetzt, schließlich ist das ja genau das, was ich gelernt hab. Zu den E-Books bin ich allerdings erst durch die Geburt des zweiten Kindes gekommen, als ich dann von der Onlinenähwelt gehört habe.

Im Gegensatz zu anderen Designern findet man bei dir sehr wenige Kinderschnitte, dafür vor allem Damenschnitte. Wie kam es, dass du auf diesen Bereich deinen Schwerpunkt gelegt hast?

Das liegt an der Ausbildung, zwar haben wir auch im Lehratelier einige Kinder- und Herrenkleider produziert, hauptsächlich waren wir jedoch auf Damenbekleidung spezialisiert und das habe ich dann eben beibehalten, weil ich darin auch am meisten Erfahrung habe.

Sport-BHDas Schwerpunktthema unserer heutigen Nähkästchen-Ausgabe liegt im Bereich Sport und Active Wear. In deinem Schnittmusterangebot gibt es einige Schnitte, die genau in dieses Segment passen – zum Beispiel sportliche Leggings oder – was echt mal eine ausgefallene Nähidee ist – einen Sport-BH. Wie bist du denn auf die Idee gekommen?

Da ich selber leidenschaftlich gerne Sport betreibe, ist mir eine passende Bekleidung dazu wichtig. Gerade Sport-BHs in meiner Größe zu finden, hat sich aber als äußerst schwer gestaltet. Und wie bei allem, was ich nicht passend finde, mach ich es einfach selbst ;)

Ganz allgemein gefragt: Wenn man Bekleidung für sportliche Aktivitäten nähen möchte, was muss man dabei ganz allgemein beachten? Wo lauern eventuell besondere Herausforderungen?

Ein passender Stoff ist mindestens genauso wichtig wie der Schnitt, finde ich. Am liebsten vernähe ich Romanit (auch Punta di Roma genannt) für meine Sportbekleidung, er ist sehr schön formstabil. Es gibt aber auch ganz viele Sportjerseys, Badelycra wird genauso gerne dafür verwendet. Gerade für den BH ist ein Stoff, der genug Halt gibt, sehr wichtig, anfassen ist dabei immer von Vorteil. Aus einem gewöhnlichen Baumwolljersey lassen sich zwar prima ‚Zuhause faulenzen‘-BHs nähen, beim Laufen, Hüpfen und anderen Sportbewegungen wird er aber zuwenig Halt geben. Außerdem ist es von Vorteil, möglichst schlichte Schnitte zu verwenden, je weniger zusätzliche Nähte du hast, desto angenehmer.

A propos Herausforderungen – was war deine persönliche größte Nähherausforderung? Gibt es ein Projekt, das dich selbst an den Rande des Wahnsinns gebracht hat?

An den Rande des Wahnsinns nicht grad, aber doch eine ziemliche Herausforderung war ein Hochzeitsgroßprojekt diesen Frühling. Da habe ich neben dem Hochzeitskleid - inklusive Reifrock drunter - auch alle sechs Brautjungfernkleider dazu genäht. Da mussten dann die Mädels aus der ganzen Schweiz anreisen zur Anprobe, da alle auf Maß genäht waren. Nähtechnisch alles Dinge, in denen ich schon Erfahrung hatte. Die ganze organisatorische Umsetzung war wohl eher das Schwierige daran. Und dann die Geduld aufbringen, acht Stunden lang den Oberstoff der Corsage von Hand zu drapieren und später nochmals fünf Stunden lang von Hand Spitzeneinsätze aufzunähen.

Das klingt in der Tat nach einem Großprojekt! Wie ist das denn beim Erfinden von Schnitten? Gibt es Themen, die dich da besonders fordern?

Ich bin da immer etwas hin und her gerissen. Während der Ausbildung haben wir fast ausschließlich mit Webware gearbeitet, darin hatte ich also schon einiges an Erfahrung. Darum waren gerade zu Beginn die Jerseyschnitte eine Herausforderung. Auch wenn ich alle Umrechnungstabellen hatte, so wird das ganze doch etwas anders gehandhabt. Inzwischen bin ich darin aber schon recht geübt und beiße mir dann eher an etwas aufwendigeren Webwareschnitten die Zähne aus. Aber genau das liebe ich daran, die oft eher etwas ungewöhnliche Schnittführung, die mich auch immer wieder an meine Grenzen bringen.

Falls du überhaupt noch Zeit hast, für dich selbst zu nähen: Hast du denn auch Lieblingsschnitte, abgesehen von deinen eigenen?

Ich muss gestehen, ich nähe tatsächlich so gut wie nur noch meine eigenen Schnitte und das auch fast ausschließlich während der Probenähen. Mein Kleiderschrank ist sehr gut gefüllt. Aus Stoffresten werden aber zwischendurch immer mal wieder ein ‚Das für Untendrunter‘-Schlübber von Muckelie oder Socken nach dem Schnitt von Hilli Hiltrud.

Bleiben wir mal bei deinen E-Books: Was ist dir bei der E-Book-Erstellung wichtig? Wie gehst du vor, damit möglichst jeder mit der Anleitung klarkommt und am Ende das passende Ergebnis hat? Was ist dir dabei wichtig?

Da ich inzwischen doch schon einige verschiedene Projekte gemacht hab, hab ich auch für vieles Vorlagen. Auf diese baue ich dann die Anleitungen auf, mache neue Fotos, damit möglichst vieles im selben Stoff ist und das ganze auch ästhetisch wirkt. Danach liegt es zu einem großen Teil an meinen Probenäherinnen. Für mich ist es oft schwer nachzuvollziehen, wo Verständnisprobleme aufkommen könnten. Daher bin ich da sehr froh um Feedback wo denn noch ein Knoten im Hirn zu lösen ist, wovon noch mehr Detailbilder rein müssen und wenn ich mit meinem Schweizer Akzent Wörter verwende, die man in Deutschland nicht kennt. Es sind aber auch nicht alle meiner Schnitte für Anfänger konzipiert, daher setze ich bei einigen Schnitten schon ein Grundwissen voraus. Somit wird nicht jeder mit jeder Anleitung klar kommen. Das schreibe ich dann aber auch schon in die Beschreibung der Produkte.

Welche von deinen Schnitten sind denn besonders gefragt, gibt es da Trends?

Wenn ich die Trends so genau herausfinden könnte, würde ich denen ja sehr gerne nachkommen. Es ist glaube ich eher ein Zusammenspiel aus dem richtigen Schnitt zur richtigen Zeit. Manchmal verkauft sich ein Schnitt auch nach einem halben Jahr plötzlich ganz gut, wo er davor nach einem Flop aussah, und andere wiederum werden am Anfang kurz gehypt und danach geraten sie in Vergessenheit. Wirkliche Trends kann ich da also leider nicht so richtig erkennen.

Und um nochmal beim Thema Trend zu bleiben … noch immer unterliegt das Nähen ja einem richtigen Boom, jetzt schon seit einigen Jahren. Kann das deiner Meinung nach auf Dauer so weitergehen – oder wird irgendwann – was wir natürlich nicht hoffen – der große Knall kommen und ein ganz anderes Hobby angesagt?

Nähen ist immer und immer wieder im Trend. Meine Oma, meine Mama und auch ich als Kind sind schon in selbstgenähten Kleidern herumgelaufen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Trend durch einen anderen komplett abgelöst wird. Es ist ein Auf und Ab, wie in so vielen Hobbys.

Du bist ja vor allem in der Schweiz unterwegs. Glaubst du, dass es Unterschiede zwischen der Schweizer Nähszene und der Nähszene in Deutschland gibt?

Eigentlich bin ich glaub ich eher mehr in der deutschen Nähszene unterwegs als in der Schweizer. Da ein Großteil davon ja online abläuft, ist der Wohnort aber eigentlich inzwischen eh total egal. Wir sind hier deutschsprachig. Ich erkenne eher vor allem Unterschiede zum englischsprachigen Markt, da ich dort auch versuche, Fuß zu fassen. Ich schaue mich gerne international um, langsam aber sicher scheinen sich die Unterschiede in den verschiedenen Ländern immer mehr zu verkleinern. Einzig die Styles sind verschieden, das merkt man ja aber auch sonst in der Modebranche.

Was war denn deine eigene größte Nähpanne, die dir mal unterlaufen ist? Oder ging bei dir immer alles glatt?

Oh ich erinnere mich noch an diesen einen Rock in der Ausbildung, da musste schlussendlich meine Oberstiftin ran und den ganzen Bund neu machen. Das Knopfloch war lange mein Feind und ich hab es dort so sehr vermasselt, dass es nicht mehr zu retten war. Zum Glück ist das aber auch inzwischen schon zehn Jahre her.

Möchtest du uns verraten, an was für Schnitten du aktuell arbeitest? Was wird als nächstes von dir erscheinen?

Jetzt ist erst einmal Sommerpause angesagt. Im Hintergrund hab ich aber schon einige Skizzen bereit, unter anderem für eine neue Hose, etwas eleganter diesmal als die Skinnyjeans. Des weiteren wird es auf jeden Fall wieder ein Kleid aus Webware geben, da wird der erste Prototyp in den nächsten Tagen fertig. Für den Adventskalender bei euch soll auch der Schnitt in den Sommerferien vorbereitet werden. Alles weitere nehm ich, wie es mir gerade so in den Sinn kommt und in die Jahreszeit passt. Ideen hab ich noch ganz viele!

Hast du irgendeinen ganz großen Nähtraum? Irgendwas, von dem du sagst, du willst es unbedingt mal umsetzen?

Oh ja, ich träume schon seit vielen Jahren davon, dass eines Tages eins meiner Kleider auf dem Roten Teppich zu sehen ist und vielleicht sogar in einer Zeitschrift erscheint mit meinem Namen als Designerin dazu.

Wir drücken dir die Daumen! Jetzt noch eine Frage in eigener Sache. Bei Sewunity bewerten unsere Nutzer Schnittmuster mit Sternen, fünf Sterne sind die Höchstwertung. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?

Ich tu mich mit Bewertungen immer sehr schwer. Da ich selber nur als Designer bei euch vertreten bin und aus Zeitmangel gar noch nie alle Funktionen als User angeschaut hab, kann ich das nur sehr schwer einschätzen. Das, was ich kenne, find ich aber toll und gebe euch deshalb gerne 5*****

Vielen Dank! Am Ende ist es nun noch Zeit für unser kleines Entscheidungsspiel, dem sich all unsere Interviewpartner stellen dürfen. Wir stellen dir jeweils zwei Begriffe zur Auswahl – wähl doch bitte den aus, der am besten zu dir passt.

- Rollschneider oder Schere? Ich bin ein Rollschneiderkind

- E-Book oder Papierschnitt? Papierschnitt, ich hasse kleben

- Webware oder Maschenware? Je nach Lust und Laune

- Nähkurs oder Autodidakt? Ausbildung, in allem anderen bin ich aber eher Autodidakt

- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Immer umfädeln. Meine Overlockkonensammlung ist entsprechend auch ziemlich groß

- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Stoffladen, ich fasse gerne an bevor ich kaufe

- Couch oder Laufschuhe? Am Morgen Laufschuhe, am Abend Couch & TV

- Kaffee oder Tee? Tee, ich mag keinen Kaffee

Vielen Dank für das Interview!