Interview der Woche: Kristina von Firlefanz

Das war eine Nachricht, die viele Sewunity-User gefreut hat: Seit einigen Wochen könnt ihr die Schnittmuster des beliebten Labels Firlefanz auch direkt bei Sewunity bekommen! Die wunderbaren Schnitte für Kinder und Damen  vermitteln den Charme vergangener Zeiten und sind doch absolut up-to-date. Jetzt steht  Kristina uns Rede und Antwort. Warum wir alle von ihrem Urlaub profitieren, was eine Gardine mit Kristinas Nähkarriere zu tun hat und warum der Name Firlefanz gleich mehrfach zu ihr passt, lest ihr im aktuellen Interview.

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Kristina von Firlefanz
Kristina von Firlefanz

Sewunity: Hallo liebe Kristina, schön, dass du Zeit für uns hast! Wo bist du gerade?

Kristina: An meinem Computer im Arbeitszimmer.

Bei unseren Kunden ist Firlefanz bekannt und beliebt – und jeder hat eine feste Vorstellung, wenn er diesen Namen hört. Woher nimmst du deine Ideen?

Oh, das ist ganz unterschiedlich. Manchmal kreiere ich Schnitte, die ich selber gerne tragen würde, oder die ich mir für meine Kinder wünsche, aber nicht finden kann. Manchmal gibt es auch noch vage Erinnerungen an Kleidungsstücke, die ich vor 30 Jahren mal getragen habe und die ich damals sehr geliebt habe. Dann wird aus der Mischung aus Erinnerungen und neuen Ideen plötzlich ein neues Kleidungsstück. Immer mal wieder entstehen die Ideen auch direkt beim Nähen, wenn mich der Stoff z.B. zu einem Kleidungsstück inspiriert. Und oft kommen mir auch im Urlaub Ideen. Wenn man in Urlaubsstimmung ist, den Kopf ganz frei hat (und vielleicht auch von etwas anderer Mode umgeben ist, als das sonst zu Hause der Fall ist), sprudeln die Ideen oft nur so. Und zu guter Letzt überlege ich mittlerweile auch manchmal ganz gezielt, welche Schnitte in meiner Gesamt-Kollektion noch fehlen, auch Probenäher-Wünsche werden da immer mal wieder berücksichtigt.

Was macht für dich Firlefanz aus? Wie entstehen deine E-Books?

Ich versuche immer, Schnitte zu veröffentlichen, die es so noch nicht gibt. Man kann das Rad natürlich nicht neu erfinden, aber dennoch ist es mir wichtig, dass all meine Schnitte ein gewisses Etwas als Erkennungswert haben. Typisch für Firlefanz sind sicherlich auch die sehr ausführlichen Anleitungen und vielen Varianten bei jedem Schnitt. Außerdem mag ich es zeitlos und/oder ein wenig Retro.

Und warum Firlefanz? Der Begriff ist ja auf den ersten Blick nicht unbedingt positiv. Wie bist du auf den Namen gekommen?

Firlefanz war zunächst nur der Name für meinen Nähblog. Firlefanz bedeutet ja so viel wie „überflüssiger, unnötiger Krimskram, Albernheit etc.“ Ich hatte diesen Namen gewählt, weil ich es eigentlich selber völlig überflüssig fand, einen Nähblog zu starten, aber einfach Lust dazu hatte und der Meinung bin, dass auch überflüssiger Krimskrams durchaus seine Berechtigung hat, wenn er einem Spaß macht.

Außerdem mochte ich das Wort Firlefanz sehr gerne vom Klang her. Und der Ursprung passt sogar zu meiner anderen großen Liebe, der Musik, denn ursprünglich kommt das Wort wohl vom altfranzösischen virelai für Reigenlied. Dieses Wort wurde dann im 14. Jahrhundert im Alt- und Mittelhochdeutschen als Bezeichnung für einen närrischen, sehr wilden, leicht verrückten Tanz verwendet, zunächst als firelei und firlefei, später dann als Firlefanz in Anlehnung an Tanz. Also eigentlich gar nicht so negativ, oder?

Lass uns mal zu deinen Anfängen zurückkehren. Seit wann nähst du?

Das erste Mal an einer Nähmaschine saß ich in der 5. Klasse. So richtig mit dem Nähen begonnen habe ich aber erst im Jahr 2014 während der Elternzeit.

Und weißt du auch noch, was du als allererstes selbst genäht hast?

Oh ja, das war eine Gardine, die ist nie fertig geworden, ich habe sie aber noch in meiner Upcyclingkiste. Wir mussten im Handarbeitsunterricht damals Gardinen nähen, den Stoff hatten wir zuvor selber bedruckt. Aber was man als Teenie mit einer Gardine anfangen soll, ist mit bis heute nicht klar ...

Und irgendwann kam der Schritt, dass du deine eigenen E-Books erstellt und verkauft hast. Weißt du noch, wie es dazu gekommen ist? Was war deine Initialzündung?

Latzhose Löwenzahn, der erste Firlefanz-Schnitt
Latzhose Löwenzahn, der erste Firlefanz-Schnitt

Eigentlich kam mir der Gedanke schon recht schnell, als ich während der Elternzeit so intensiv genäht habe. Das Nähen machte mir damals unglaublich viel Spaß, und ich habe mir ziemlich schnell eigene Schnitte gezeichnet, weil ich oft nicht genau das fand, was ich suchte. Außerdem war eh klar, dass ich mit eigenem Kind nicht wieder fünf Tage die Woche unterrichten wollen würde. Die Arbeit an Musikschulen ist ja nicht gerade familienfreundlich, da man vor allem nachmittags und abends unterrichtet. Ich konnte mir es einfach nicht vorstellen, jeden Tag genau dann zur Arbeit zu gehen, wenn mein Kind gerade aus dem Kindergarten oder der Schule nach Hause kommt. So habe ich dann im April 2015 erstmal mit dem Blog gestartet, schon mit dem Hintergedanken, vielleicht auch selber mal Schnitte zu veröffentlichen. Dann kam nach einem Dreivierteljahr recht spontan mein erstes Freebook, der Puppenjumper, heraus und wieder ein halbes Jahr später das erste E-Book, der Kinderschnitt Löwenzahn. Weil es mir genauso viel Spaß machte, wie erhofft, bin ich dann dabeigeblieben. Der Musik bin ich aber auch nach wie vor treu, unterrichte aber deutlich weniger als früher.

Du entwirfst Mode für Kinder und für Damen. Worin liegen für dich die Unterschiede beim Designen?

Bei Damen muss man viel mehr darauf achten, wie man einen Schnitt so gestalten kann, dass er für verschiedene Figurtypen vorteilhaft ist. Das Figurschmeichelnde steht einfach viel mehr im Vordergrund. Bei Kindern ist man da etwas freier in der Gestaltung und kann auch mal witzige und niedliche Details einbauen.

Dafür ist es bei Kinderschnitten natürlich auch immer wichtig, dass sie nicht nur hübsch, sondern auch praktisch sind und dass sie möglichst lange mitwachsen. Außerdem ist es natürlich eine Herausforderung, dass ein und derselbe Schnitt an einem Baby niedlich und an einem Teenie schick, cool oder lässig aussieht. Denn die meisten meiner Schnitte umfassen ja eine ziemlich große Größenspanne.

Und kannst du sagen, was dir lieber ist?

Ich tendiere tatsächlich immer zu Kinderschnitten und da auch noch besonders zu Mädchenschnitten. Ich weiß gar nicht so genau, warum. Naja, ich mag so süße Sachen einfach total gern. Und ich nähe einfach auch noch lieber für meine Kinder als für mich, vielleicht liegt es daran. Sie wachsen ja auch so schnell und brauchen ständig Neues. Ich hingegen trage meine Kleidung wirklich sehr lange, und brauche gar nicht so oft Neues, da bin ich sehr genügsam. Was noch nicht komplett auseinanderfällt, wird noch getragen. Daher brauche ich auch nicht so oft neue Schnitte für mich ...

In den Stars stellen wir in dieser Ausgabe Möglichkeiten vor, Geburtstagsshirts zu gestalten. Machst du das auch? Was hältst du von solcher „Anlasskleidung“?

Ich mag eher Kleidung, die oft getragen werden kann. Bisher haben meine Kinder noch nie ein „echtes“ Geburtstagsshirt bekommen. Ich habe zwar häufiger drüber nachgedacht, aber die Idee dann doch immer wieder verworfen. Meine Tochter bekommt immer ein Geburtstags-Überraschungskleid, das ist schon Tradition, und mein Sohn hat dieses Jahr auch einen Pulli bekommen. Aber da nähe ich einfach etwas, was sie immer tragen können und was ihnen gefällt.

Kommst du überhaupt noch dazu, privat zu nähen? Oder hat der Beruf das Hobby völlig übernommen?

Also ich würde mal sagen, dass privat und Beruf sich hier nicht wirklich trennen lassen. Ich komme tatsächlich sehr wenig dazu, einfach irgendwas für Freunde zu nähen, oder einfach mal so irgendeinen Schnitt auszuprobieren. Auch reines Entspannungsnähen ist eher nicht drin, da stricke ich dann eher.

Aber dennoch versuche ich, die komplette Garderobe meiner Kinder selber zu nähen. Bis auf Unterwäsche, Schuhe und Socken gelingt mir das auch sehr gut. Auch für mich selber nähe ich fast alles selbst bis auf aufwändigere Projekte, für die die Zeit fehlt. Wenn dann gerade ein Probenähen läuft, sind natürlich danach besonders viele Kleidungsstücke nach diesem Schnitt im Schrank zu finden, aber meine Tochter stört das bisher nicht, und mein Sohn hat da eh noch keine Meinung zu. Und zu besonderen Anlässen wie Karneval, Geburtstag, Weihnachten, Einschulung, Urlaub etc. nähe ich auch immer sehr gern und sehr viel ganz unabhängig von laufenden Probenähen.

Was für eine Art Projekt würdest du gerne einmal angehen, hast dich aber bisher nicht drangetraut? Gibt es einen „Angstgegner“?

Oh, einen Angstgegner habe ich tatsächlich nicht, aber Zeitgegner habe ich sehr viele. Ich würde mir liebend gerne neue Jeans nähen, aber ich weiß, wie aufwändig das ist, bis ich einen Schnitt habe, der mir perfekt passt und bis ich eine perfekte Jeans genäht habe. Daher beschränke ich mich aktuell aufs Flicken alter Jeans, ist ja eh noch etwas nachhaltiger. Auch Jacken könnte ich mal neue gebrauchen, ein neues Konzertkleid ebenso, aber da fehlt einfach immer die Zeit, sich wochenlang mit solch einem Projekt zu beschäftigen.

Und wenn etwas so überhaupt nicht klappen will - was machst du dann? Gab es in deinem kreativen Leben schon mal so eine richtige „Nähpanne“?

Ich fluche schon des Öfteren mal beim Nähen und schimpfe, dass alles umsonst war. Fünf Minuten später fällt mir dann aber meist doch eine Lösung ein, wie ich das Projekt noch retten kann. Da bin ich auch hartnäckig. In die Tonne wandert hier eigentlich nichts. Mein schlimmster wiederkehrender Patzer ist wohl, beim Nähen mit dem Overlock-Messer ins Kleidungsstück zu schneiden, wenn ich eigentlich fast fertig bin. Das ist mir schon ein paarmal passiert und ist wirklich extrem ärgerlich.

Mal angenommen, jemand will mit dem Nähen anfangen. Welchen Geheimtipp gibst du Anfängern mit auf den Weg?

Ordentlich zuschneiden! Auch wenn dieser Tipp nicht besonders geheim ist. Aber das ist einfach die halbe Miete. Wenn man exakt zugeschnitten hat, dann steht einem perfektem Nähergebnis nicht mehr viel im Weg.

Und gibt es auch einen heißen Tipp für Fortgeschrittene? Gibt es etwas, was du erst nach einiger Zeit herausgefunden hast, das das Nähen noch leichter und schöner macht?

Allgemeine Tricks fallen mir gerade keine ein, die ganzen Tipps und Tricks, die ich in meinen Anleitungen den Näherinnen mit auf den Weg gebe, sind doch meist recht speziell. Aber ich finde, dass es einige Nähtools gibt, die einem tatsächlich das Nähen sehr erleichtern. Und ich frage mich manchmal, warum ich das ein oder andere Tool nicht schon früher benutzt habe. Ich besitze z.B. ein Tool, mit dem ich ganz leicht Knopfmarkierungen in exakt gleichen Abständen aufs Kleidungsstück übertragen kann. Total praktisch für lange Knopfleisten, da muss man dann nicht groß rumrechnen und messen. Auch viele spezielle Nähfüßchen können die ein oder andere Nähtechnik erheblich erleichtern. Und ich liebe auch den automatischen Fadenabschneider an meiner Nähmaschine, der ist einfach ein Traum und macht für mich das Nähen so viel leichter, weil er in einem Schritt den Nähfuß hebt, die Faden abschneidet und dann auch noch die kurzen Fadenenden beide auf der linken Stoffseite versteckt. Auf solchen „Schnickschnack“ habe ich sehr lange verzichtet, weil ich dachte, ich brauche so etwas nicht, aber nun bin ich doch sehr froh über diese kleinen Helferlein!

Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Auf Sewunity können ja Schnittmuster nach einem Fünf-Sterne-Prinzip bewertet werden. Wie viele Sterne würdest du denn Sewunity geben, und warum?

Oh, das klingt ein wenig nach Fangfrage. Ich würde Sewunity 4,5 Sterne geben. Ich mag die Suchfunktionen und dass die User so stark mit eingebunden sind, das gefällt mir. Auch das Angebot ist mittlerweile wirklich umfangreich. Das Design der Seite spricht mich persönlich nicht ganz so an, vielleicht auch einfach. weil ich Pink/Rosa/Lila nicht so gerne mag. Daher gibt’s dafür ’nen halben Stern Abzug.

Und ein kleines Spielchen wollen wir auch noch mit dir spielen. Ich nenne dir immer zwei Begriffe und du sagst ganz spontan, was für dich eher zutrifft:

  • Rollschneider oder Schere? Schere
  • E-Book oder Papierschnitt? E-Book
  • Webware oder Maschenware? Uuh, schwierig, darf ich auch beides sagen? Ich möchte auf keins davon verzichten, aber vielleicht mag ich das Vernähen von Webware noch ein kleines bisschen mehr.
  • Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt
  • Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Eindeutig Umfädeln, auch wenn ich es nicht mag.
  •  Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Meist online (vor Ort ist leider die Auswahl an hochwertigen Bio-Stoffen und anderen ausgefallenen Stoffen recht klein)
  • Couch oder Laufschuhe? Laufschuhe, aber ein Abend auf der Couch hat auch was.
  • Kaffee oder Tee? Kaffee

Vielen Dank für deinen Besuch in unserem Nähcafé!