So besonders wie der Name ihres Labels, so sind auch die Schnitte, die Marina alias "Mademoiselle Pfingstspatz" herausbringt: Kinderkleidung und Accessoires mit Retro-Charme, Kuschelkissen zum Liebhaben, originelle Kleinigkeiten, und alles mit dem gewissen Etwas. Heute ist sie bei uns im Nähcafé und erzählt von ihrer Kindheit an der Nähmaschine, der Freude am Selbermachen und davon, was Nähkränzchen mit Waschweibern zu tun haben.
Sewunity: Liebe Marina, oder sollen wir dich lieber mit Mademoiselle ansprechen? Dein Label „Mademoiselle Pfingstspatz“steht für Kleidungsstücke, Accessoires und zauberhafte Kleinigkeiten mit einem unverwechselbaren Charme. Gerade Schnitte wie Resi und Hannes oder die SonnenWetterKlamotten haben einen wunderbaren Retro-Touch. Woher nimmst du die Ideen für deine Schnitte?
Marina: Ach, vielen Dank für das Kompliment und die Einladung!
Meine Ideen kommen mir irgendwie in den Sinn geflogen, meist im Alltag bei guter Laune. Oder ich brauche etwas ganz dringlich und tüftle daran rum, bis ich es fertig unter der Nähmaschine rausfische. So entstand damals im Sommer 2012 das E-Book Fescher Fächer auch. Daran erinnere ich mich immer gerne und noch sehr genau. Mein werter Ehegatte saß auf dem Sofa und schaute Fußball, es war sehr heiß zu dieser Zeit. Er meinte zu mir: „Näh doch mal ‘nen Fächer.“ Ich lachte und sagte: „Klar! ‘Nen Fächer! Wie soll das denn bitte funktionieren?“ Und siehe da, es funktionierte. Gut sogar.
Du nähst ja schon sehr lange, deinen ersten DaWanda-Shop hast du bereits vor über fünf Jahren eröffnet. Wie hat das mit der Näherei bei dir angefangen?
Seit meiner Kindheit bin ich der Näherei verfallen. Meine Mutter ließ mich an ihre Maschine, so oft ich wollte. Sie hatte allerdings nicht viel Zeit, um mit mir stundenlang davor zu sitzen und mir jeden Schnickschnack zu erklären, dafür durfte ich ausgiebig in ihren Stoff-und Kurzwarenschatzkisten wühlen und mich bedienen. So verbrachte ich eben viele Stunden, auch verzweifelte, an der Maschine und lernte als Erstes, wie dieses besondere Gerät tickte und funktionierte. Das ist wohl auch mit der Grund, warum es mir bis heute vor allem die älteren Modelle vom Dachboden angetan haben. Ich schraube immer noch sehr gerne an den alten, schweren, meist pastellfarbenen Modellen rum und freue mich, wenn ich sie entstauben und wieder zum Laufen bringen kann.
Ich nähte also vor mich hin, meistens an Dingen, die ich ganz dringlich brauchte. Taschen, Kissen, Accessoires und Klamotten für meine Puppen und Kuscheltiere. In meiner Jugend habe ich meiner Freundin ein Nähprojekt für die Schule, eine Patchwork-Umhängetasche, erledigt und es wurde mit einem „Sehr gut“ ausgezeichnet. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Und meine Freundin sich auch.
Und wie kam es dann dazu, dass du deine ersten eigenen E-Books auf den Markt gebracht hast? Hat dir das, was es zu kaufen gab, einfach nicht gut genug gefallen?
Das ist ja nun auch schon ein Weilchen her, um genau zu sein über vier Jahre. Damals war der Markt noch nicht so unübersichtlich gefüllt wie heute, und da ich ja sowieso ständig am Rumtüfteln war, gefiel mir plötzlich der Gedanke, meine Schnitte zu verkaufen. Und als dann die Kooperation mit farbenmix zustande kam, wagte ich diesen aufregenden Schritt.
Wie siehst du den aktuellen Boom der „Nähszene“? Denkst du, dass der Hype anhalten wird? Und woher kommt die neue Lust am Handarbeiten?
Ich finde es großartig, dass so viele Menschen wieder den Sinn fürs Selbermachen entdeckt haben, und es sieht ja auch so aus, als sei und bliebe das ein Dauerzustand. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass man, wenn man einmal mit dem DIY-Virus infiziert ist, irgendwann wieder damit aufhört. Das Nähen und all die anderen Selbermachereien sind in meinen Augen eher eine Lebenseinstellung, mit tiefer Freude einhergehend. Das gibt man ja nicht so leicht wieder her. Oder anders gesagt, das kann einem ja nicht genommen werden. Und wenn auch nur ein kleiner Geldbeutel zur Verfügung steht, oder vielleicht gerade dann, lässt sich die Welt mit den eigenen Händen und Ideen schöner gestalten. Man muss sich eben auf das, was man hat und das, was man möchte einlassen und einfach loslegen. Das empfinde ich als das Wesentliche und Wichtigste beim Selbermachen.
Dann müssen es auch nicht immer die allerneuesten Materialien und Trends sein, auch das ist vergänglich, wie man nach einigen Jahren inzwischen erkennen kann. Aber das, was einem direkt vom Herz zur Hand springt, das ist das, was bleibt.
In deiner „Werkelstätte Extrawurst“ bietest du Nähkurse für Kinder und Erwachsene an. Hast du dir damit einen Traum erfüllt? Und hast du selbst früher auch Kurse besucht?
Und ob. Ich genieße dieses Geklüngel und die Emsigkeit in der kleinen Werkelstätte bei Kaffee und Kuchen. Es macht mir unendlich viel Freude zu sehen, wie sich Nähfrischlinge über die allerersten Werke freuen und immer mutiger werden, Kinder, die sich in der ersten Kursstunde eigentlich ein Kleid mit vielen Rüschen nähen wollten, aber auch ohne Kleid über ein kleines Kissen so erfreut sind. Und das in der Werkelstätte geteilte „Freud und Leid“ ist schon etwas Besonderes, ebenso wie die vielen tollen Menschen, die ich in der Vergangenheit kennenlernen durfte. Wie es eben so ist, wenn man nebeneinander werkelt und quatscht.
Ich selber habe bisher einen Nähkurs besucht, der war allerdings nichts Besonderes und viel zu voll belegt. Eine Erfahrung eben.
Ist Nähen ein Gemeinschaftserlebnis? Man hat ja das Gefühl, die meisten werkeln im stillen Kämmerlein vor sich hin und lernen lieber über YouTube-Videos als mithilfe eines Kurses. Was macht für dich den Reiz eines Nähtreffs aus?
Da trifft wohl genau das zu, was ich oben beschrieben habe. Ich vergleiche das gerne mit Waschweibern am Fluss. Emsiges Treiben, viel Platz für Gequatsche und ein klares Ziel vor Augen. Nur leider hatten die Waschweiber von damals bestimmt keinen so leckeren Kuchen (oder auch mal ein Likörchen) am Fluss mit dabei.
Wenn du ein neues E-Book auf den Markt bringst, hat es ja schon einige Zeit an Entwicklung hinter sich. Wie lange sitzt du, so durchschnittlich, an einer neuen Idee, bevor sie zum E-Book wird?
Das ist ganz unterschiedlich. Manches passiert im Turbogang und anderes braucht mehrere Monate. Wenn ich an SommerSonnenRegenhut Trudi und Klothilde denke, bekomme immer noch Herzgeflattere. Beide sind so was von kurz vor knapp vor meinen Hochzeiten (einmal standesamtlich, einmal kirchlich ) entstanden, ich muss wahnsinnig gewesen sein. Ganz bestimmt.
Andererseits haben die Treterchen vom vergangenen Winter über ein Jahr von der Idee bis zur E-Book-Veröffentlichung gebraucht. Das ist auch o.k., und vor allem brauchte es sehr viel Zeit, weil ich den Schnitt doch einige Male verändert hatte.
Wer im Blog schon länger liest, kennt eben auch mein größtes Hindernis, die Migräne. Diese Trulla durchkreuzt nämlich weitaus öfter, als mir lieb ist, meine Pläne. Ich kann dann meist tagelang nicht so, wie ich möchte. Das ist dann einfach so, schwer auszuhalten, aber nicht zu ändern.
Und was macht für dich ein richtig gutes E-Book aus? Worauf legst du besonderen Wert?
Eine gute, kleinschrittige Fotoanleitung ist unbedingt nötig, wie auch Materialerklärungen und -hinweise. Man darf als E-Book-Ersteller nicht davon ausgehen, dass jeder Kunde weiß, wie die verschiedenen Materialien verwendet und verarbeitet werden.
Hier bin ich meinem Probenähteam, was mir teilweise schon über vier Jahre zur Seite steht, sehr dankbar. Denn wie es überall vorkommen kann, sehe auch ich manchmal vor lauter Bäumen selbst den Wald nicht mehr. :)
Hast du denn auch einen Lieblingsschnitt – mal abgesehen von deinen eigenen?
Ja klaro, die Mini Martha von Antonia alias Milchmonster mag ich sehr gerne, wie auch die Schnitte von Claudia alias Frau Liebstes/Ki-ba-doo.
Mal angenommen, wir könnten dir einen Sack voll Zeit zum Nähen schenken: Was würdest du damit anfangen? An welche Herausforderung würdest du dich gerne einmal wagen?
Es wäre tatsächlich so, dass ich mich an einen Schnitt ransetzen würde, der mir seit Jahren im Kopf rumschwirrt. Es würde ein Damenkleid für üppigere Damen, das ich für mich schon etliche Male genäht habe. Für weitere Größen bräuchte ich wirklich dringend Zeit (und auch eine Portion Mut, da ich noch nie an einem E-Book für Damenoberbekleidung gearbeitet habe). Also nur her damit!
Stell dir einmal vor, eine Freundin möchte mit dem Nähen beginnen. Welche Ratschläge würdest du ihr mit auf den Weg geben? Und was ist für dich persönlich beim Nähen einfach unverzichtbar?
Da brauche ich mir nichts vorzustellen, das ist sozusagen mein Alltag. Sobald ein Hauch von Interesse da ist, empfehle ich jedem/jeder, einfach anzufangen. Die Funktionen der Maschine kennenzulernen, einfach mal drauf los nähen, sich begeistern und auch scheitern. Man muss die Maschine kennen und beherrschen und wissen, welche Materialien was können. Und in kleinen Schritten wollen. Das ist alles.
Bei Sewunity bewerten die User deine Schnittmuster und verteilen Sterne. Drehen wir den Spieß doch einmal um: Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben – und warum?
Na, da bin ich doch glatt mit 5 Sternen dabei. Wer mir so freundliche Fragen stellt und mir damit eine große Freude macht, hat nichts anderes verdient.
Und außerdem bekommt ihr natürlich die volle Punktzahl für Service, Anspruch und euer Engagement, die Idee und Umsetzung ist wirklich erste Sahne!
Zum Abschluss würden wir gerne noch ein kleines Spiel mit dir spielen. Immer zwei Begriffe stehen zur Auswahl – bitte wähle denjenigen aus, der besser zu dir passt!
- Rollschneider oder Schere? Eindeutig Schere
- E-Book oder Papierschnitt? beides
- Webware oder Maschenware? Webware
- Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt
- Ovi umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Mal so, mal so. Das ist tagesformabhängig.
- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Onlineshopping
- Couch oder Laufschuhe? definitiv die Couch
- Kaffee oder Tee? morgens und nachmittags Kaffee, dazwischen Tee
Liebe Marina, vielen Dank für deinen Besuch in unserem Nähcafé!