Interview der Woche: Melanie von Schnittrebell

Sie gehört zu den Shootingstars der Branche: Obwohl es das Label Schnittrebell erst seit knappen 1,5 Jahren gibt, sind ihre Schnitte wie Morris oder Elise schon regelrechte Klassiker. Heute besucht uns Melanie im Nähcafé und erzählt, was Corona mit ihren Schnitten zu tun hat, erlaubt uns einen Blick hinter die Kulissen beim Probenähen und verrät, warum es manchmal gut wäre, mehr als eine Overlock zu haben.

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Melanie von Schnittrebell
Melanie von Schnittrebell

Sewunity: Hallo liebe Melanie, schön, dass du Zeit für uns hast! Wo bist du gerade?

Melanie: Hallo, meine Liebe! Vielen, vielen Dank für Deine Anfrage. Das hat mich wirklich sehr gefreut! :) Die Zeit nehme ich mir doch gerne. Wie immer sitze ich im Schnittrebell-Headquarter und brüte über neuen Schnittmustern.

Und wovon halten wir dich gerade ab?

Es gibt nichts, was sich nicht auch noch einen Moment verschieben ließe :) Und eigentlich hält mich immer nur unser Boxer von der Arbeit ab, weil er so schrecklich gern mittendrin statt nur dabei ist! Tatsächlich müsste ich dringend eine Anleitung für ein laufendes Probenähen bereitstellen, aber als Meisterin der Prokrastination kommt mir eure Anfrage natürlich gerade recht :)

Dein Label heißt Schnittrebell. Da gehen sofort Bilder im Kopf an. Warum bist du ein Schnittrebell?

Anders als man vielleicht meinen sollte, bin ich das in erster Linie gar nicht nur wegen meiner Schnitte. Natürlich versuche ich, meine Ideen individuell und kreativ umzusetzen bzw. die Schnittmuster anders als andere Designer zu gestalten, sie mit dem Gewissen Etwas zu versehen. Aber letzten Endes können wir ja alle das Rad nicht neu erfinden. Ein Hoodie bleibt ein Hoodie, da kommt es eben auf Feinheiten an. Schnittrebell beschreibt eher mich als Person. Ich habe mir noch nie die Butter vom Brot nehmen lassen, habe immer schon gerade heraus und unverblümt meine Meinung gesagt und das gefällt einfach nicht jedem. Außerdem esse ich meinen Nutella-Toast mit Butter und trinke meinen Kaffee am liebsten mit Pfefferminzsirup! Ich Rebell :p

Lass uns mal zu deinen Anfängen zurückkehren. Seit wann nähst du?

Angefangen habe ich tatsächlich erst in 2017 und bin seitdem diesem wunderbaren Hobby verfallen.

Und weißt du auch noch, was du als allererstes selbst genäht hast?

Der wichtigste Mitarbeiter ;o)
Der wichtigste Mitarbeiter ;o)

Oh ja, ziemlich genau sogar. Mein erstes Projekt war eine Abschwitzdecke für die Minishettystute meiner Tochter. Die Maus war so klein, dass ihr alle Decken zu groß waren. Und so habe ich kurzentschlossen eine günstige alte Pfaff Hobbymatic 802 gekauft, mir etwas Garn und Zubehör bei meiner Oma ergaunert, mir im Discounter meines Vertrauens eine Fleecedecke gekauft, die sich schon beim bloßen Anblick statisch aufgeladen hat und habe einfach losgelegt. Am Ende standen dem Pony alle Haare zu Berge und sie sah aus, als wäre sie die Hauptdarstellerin eines Mittelalterspektakels, ABER die Leidenschaft zum Nähen war geboren! Immerhin :)

Und irgendwann kam der Schritt, dass du deine eigenen E-Books erstellt und verkauft hast. Weißt du noch, wie es dazu gekommen ist? Was war deine Initialzündung?

Tatsächlich ist das böse „C“ schuld! Ursprünglich wollte ich zurück in meinen alten Beruf, im März 2020 sollte es wieder losgehen. Na ja, und was dann kam, wissen wir alle.  Also habe ich kurzerhand die neue Stelle nach 14 Tagen wieder gekündigt, um mein Minirebellchen im Homeschooling „bespaßen“ zu können. Leider war relativ schnell klar, dass dieser „Zustand“ von längerer Dauer sein wird als erhofft. Der Gedanke, dann doch einfach von zu Hause aus zu arbeiten und das zu tun, was ich am meisten liebe, war einfach nur naheliegend. Und so war innerhalb von wenigen Tagen Schnittrebell geboren, die Formalitäten erledigt und der erste Schnitt beauftragt. Ganz rebellenlike ... einfach mal machen und schauen, was passiert! Und diesen Schritt habe ich bis heute nicht einen Tag bereut.

Worauf legst du beim Designen besonderen Wert? Gibt es etwas, das für dich das Wichtigste ist?

Ja, absolut! Für mich ist es das Wichtigste, Schnitte herauszubringen, die in Gr. 54 an der Trägerin genauso gut aussehen und vor allem passen wie in Gr. 34 ! Damit dieses so ist, arbeite ich mit zwei professionellen Direktricen zusammen. Außerdem gibt es in all meinen Probenähen von Anfang an eine Maßtabelle, an die sich beim Testen der Schnitte alle Probenäher halten müssen. Nur so ist sichergestellt, dass sich die Kunden am Ende auch auf diese Tabelle verlassen und ein für sich passendes Kleidungsstück nähen können. Und zu guter Letzt steht und fällt ein guter Schnitt natürlich mit einer verständlichen Anleitung. Hier mache ich lieber 5 Bilder zu viel als zu wenig! Schließlich soll auch ein Nähanfänger gut mit meinen Schnitten zurechtkommen.

Du entwirfst Mode für Kinder und für Erwachsene. Worin liegen für dich die Unterschiede beim Designen?

Unterschiede im Design gibt es ja tatsächlich keine, da nahezu alle meine Kinderschnitte aus den Schnitten für Erwachsene entstanden sind. Die Herausforderung dabei liegt eher darin, einen Schnitt aussehen zu lassen wie bei den Großen mit einem Bequemlichkeitsfaktor für die Kleinsten. Kindermode muss schließlich spiel- und spaßtauglich und genauso trageangenehm wie für uns Erwachsene sein.

Und kannst du sagen, was dir lieber ist?

Definitiv Kleidung für Erwachsene. Einfach, weil ich die Schnitte für mich selber testen und so zügig und verlässlich feststellen kann, wo etwas ggf. noch nicht so ganz passt. Bei Kinderschnitten, für die meine Tochter als Testobjekt und wichtigste Mitarbeiterin „herhalten“ muss, scheitert es des Öfteren alleine schon an der Lust, die Sachen zum wiederholten Mal anzuprobieren! Insofern ist es für mich natürlich einfacher, die erste Passform an mir selber abzunehmen :)

Hoodies von Schnittrebell
Hoodies von Schnittrebell

Hoodies und Kapuzenjacken gehören zu den beliebtesten Schnittmustern bei Sewunity. Auch deine Hoodies Elise und Morris haben Spitzenbewertungen bei uns. Was meinst du: Was ist es, das Hoodies so toll macht?

Zum einen sind sie relativ leicht und schnell zu nähen, sodass man zügig das fertige Teil in den Händen hält. Und dann bringen sie natürlich DEN Kuschelfaktor schlechthin mit sich. Denn sind wir mal ehrlich, was gibt es Schöneres, als bei Schmuddelwetter mit einer heißen Schokolade, eingekuschelt in den neuen Hoodie, auf dem Sofa zu sitzen?

Was nähst du selbst denn am liebsten?

Ich liebe Taschen. Und wenn sie dann noch groß genug sind, um mit ihnen spontan das Land zu verlassen, dann sind sie gerade groß genug. Aber auch Hoodies gehören zu meinen absoluten Favourites.

Und hast du einen „Angstgegner“? Woran hast du dich bisher noch nicht getraut?

In meinen Anfängen gab es natürlich ganz viele Angstgegner. Reißverschlüsse zum Beispiel. Inzwischen kann ich das aber ganz klar mit „NEIN“ beantworten. Mittlerweile gibt es tatsächlich nichts mehr, das mich bange machen könnte. Im schlimmsten Fall funktioniert ein Vorhaben eben nicht und ich probiere es erneut oooder versuche zu retten, was zu retten ist! Kommt auch schon mal vor :)

Kommst du überhaupt noch dazu, privat zu nähen? Oder hat der Beruf das Hobby völlig übernommen?

Das Schöne daran, sein Hobby zum Beruf zu machen ist ja, dass ich entscheide, welche Schnittmuster ich herausbringe. Das sind natürlich zu 80% Schnitte, die mir für mich selber auch gefallen. Von daher nähe ich ja auch immer irgendwie für mich privat. Schließlich wollen alle Schnittmuster auf Herz und Nieren getestet werden und das überlasse ich natürlich nicht allein meinen Probenähmädels, sondern lege selber auch fleißig Hand an.

Plaudere doch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen: Was ist das Lustigste, das dir bisher beim Nähen passiert ist?

Abgesehen von meinen Anfängen, in denen ich gerne mal den Fadenlauf des Stoffes missachtet habe und mit einem Tannenbaumtrichter in die Klamotten geschossen werden musste? Definitiv mein Stammteam! Hier trifft die geballte Ladung Humor gepaart mit einer ordentlichen Portion Selbstironie aufeinander. Ihr macht euch kein Bild, wie oft ich schon vor dem Notebook gesessen und Tränen gelacht habe! Die Mädels sind durch die Bank einfach der Knaller!

Mal angenommen, jemand will mit dem Nähen anfangen. Welchen Geheimtipp gibst du Anfängern mit auf den Weg?

Finger weg von Sachen ohne Alkohol! Vermutlich wirst Du gerade in Deinen Anfängen das ein oder andere Gläschen vertragen können! Alternativ geht natürlich auch Schoki! Nein, im Ernst, das Wichtigste ist Geduld! Lass Dich nicht entmutigen, wenn etwas nicht gleich klappt. Das ging uns allen so und von Nähstück zu Nähstück wird es immer besser. Aber damit das funktioniert, ist natürlich gutes „Werkzeug“ unabdingbar! Mit einer schlechten Maschine und billigem Garn lässt sich die Leidenschaft für das tollste Hobby der Welt nur schwer entfachen und man ist am Ende frustriert.

Und gibt es auch etwas, das Fortgeschrittene unbedingt wissen sollten?

Ruhig in die Anleitung schauen!
Ruhig in die Anleitung schauen!

Auch, wenn Du schon lange dabei bist... Es lohnt sich immer noch ein Blick in die Anleitung!

Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Auf Sewunity können ja Schnittmuster nach einem Fünf-Sterne-Prinzip bewertet werden. Wie viele Sterne würdest du denn Sewunity geben, und warum?

Definitiv 5 Sterne! Egal wann ich eine Frage habe, Carolin ist, wie es scheint, 24/7 im Einsatz! So schnell kann man gar nicht schauen, wie sie die Anliegen der Designer bearbeitet! Wurde ein neuer Schnitt veröffentlich, steht er auch schon bei Sewunity bereit! Die Plattform ist wirklich absolut übersichtlich und benutzerfreundlich gestaltet. Dafür kann es nur 5* geben!

Und ein kleines Spielchen wollen wir auch noch mit dir spielen. Ich nenne dir immer zwei Begriffe und du sagst ganz spontan, was für dich eher zutrifft:

- Rollschneider oder Schere? Schere

- E-Book oder Papierschnitt? E-Book

- Webware oder Maschenware? Webware

- Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Mehrere Overlockmaschinen mit unterschiedlichem Garn :) Wenn ich eines nicht leiden kann, dann umfädeln!

- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Sowohl als auch

- Couch oder Laufschuhe? Beruflich definitiv Laufschuhe, privat gerne die Couch!

- Kaffee oder Tee? Ich verstehe die Frage gar nicht! Kaffee natürlich <3

Vielen Dank für deinen Besuch in unserem Nähcafé!