Interview der Woche: Steffi von Bunte Nähigkeiten

Ihr Schnittmusterangebot ist klein, aber fein und umfasst hauptsächlich Babyprodukte: Im Nähcafé besucht uns diesmal Steffi vom Label "Bunte Nähigkeiten". Dort erzählt sie nicht nur, warum sie an gekaufter Kleidung immer etwas auszusetzen hatte, sondern auch, warum sie keine Stoff-Vorbestellungen mag.
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Ihr Schnittmusterangebot ist klein, aber fein und umfasst hauptsächlich Babyprodukte: Im Nähcafé besucht uns diesmal Steffi vom Label "Bunte Nähigkeiten". Dort erzählt sie nicht nur, warum sie an gekaufter Kleidung immer etwas auszusetzen hatte, sondern auch, warum sie keine Stoff-Vorbestellungen mag.

Steffi von "Bunte Nähigkeiten"

Liebe Steffi, schön, dass du Zeit für einen Besuch im Sewunity-Nähcafe gefunden hast. Setz dich hin, nimm dir einen Kaffee … und wir legen gleich mal los. Du bist das, was man eine klassische Quereinsteigerin in die Welt des Nähens nennt. Erzähl uns doch mal kurz, wie du zum Nähen gekommen bist.

Gerne. Vielen Dank für die Einladung. Ja also, das war so: Als mein Sohn unterwegs war, fand ich die Klamotten-Auswahl in den Geschäften so langweilig, immer wieder das gleiche öde Zeug. Und weil ich in meiner zweiten Schwangerschaft schon recht früh zu Hause blieb, hatte ich ja viiiel Zeit für dumme Gedanken, wie mein Mann sagen würde. Also hab ich mir ein Einsteigermodell geholt, viele Youtube-Videos geschaut und los ging’s. Einen Nähkurs hab ich auch mal besucht, aber der war langweilig.

Du bist ja dann gleich noch einen Schritt weitergegangen und hast nicht nur deine Kinder benäht, sondern auch begonnen, Schnittmuster zu erstellen und selbstgenähte Kindersachen zu verkaufen. Wie ist es denn dazu gekommen?

Ja genau. Genauso wie ich an gekaufter Kleidung immer etwas auszusetzen habe, gefiel mir auch an den Schnittmustern ständig irgendetwas nicht. Bei den Mützen zum Beispiel, die rutschten meinen Kindern entweder in die Augen oder die Ohren waren frei und dann hatte mein Sohn als Baby immer diese doofe Naht am Hinterkopf! Das ging alles gar nicht und so habe ich dann einfach angefangen, Schnitte selbst zu konstruieren. Perfekt auf unsere Bedürfnisse angepasst. Meine selbstgenähten Sachen zu verkaufen ist eher so ein Nebenbei-Ding geworden. Davon könnte ich nicht leben. Aber in der KiTa gibt’s zum Beispiel Mamis, die auf die selbstgenähten Sachen abfahren und dann kann ich natürlich nicht Nein sagen. Ich habe auch so ein Fach in einem Laden gemietet, wo ich meine Sachen verkaufen kann. Ich probiere gern alles aus, wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Dein Schnittmusterangebot ist klein, aber fein und umfasst lauter Schnitte für Babys. Hast du bewusst deinen Schwerpunkt auf das Thema Babykleidung gesetzt oder könntest du dir vorstellen, dein Angebot auch mal auf Kinder oder sogar Erwachsene auszuweiten?

Bunte NähigkeitenIch hatte ja schon erwähnt, dass die Schnittmuster vor allem für meine Kinder sind. Daraus entwickelte sich dann die Idee, dass ich sie ja auch verkaufen könnte. Also wenn schon, denn schon. Jedenfalls sind meine Schnitte deshalb eher auf Babys und Kleinkinder beschränkt und tragen größtenteils auch Namen, die sich auf sie beziehen (Spitznamen). Wobei sich mein Papa ja den Anglerhut gewünscht hat. Den gibt’s auch für Erwachsene. Ich werde auch in Zukunft nur Schnitte erstellen, die ich für meine Kinder brauche. Aber es geht immer weiter und sie werden ja auch so schnell groß. Bald gibt’s dann bestimmt auch was für die Großen.

Erzähl doch mal, wie bei dir die E-Book-Produktion verläuft. Du hast eine Idee – und wie geht es dann weiter?

Die Idee ist immer schnell gefunden. Kinder haben einfach ständig Bedürfnisse und einen hohen Bedarf an Klamotten. Dann guck ich, ob es da schon was gibt bei den Kollegen. Meist finde ich da nicht das, was ich brauche, und dann verschwinde ich in meinem Näh-Keller, hol ein großes Stück Papier von der Rolle und zeichne mit dem Bleistift drauf los. Ein erster Prototyp aus ausrangierten Stoffen oder Altkleidern entsteht, wird probeweise angelegt und weiter verbessert. Ich messe alles fünfmal aus, kritzel alles irgendwo hin, verzettel mich, vertröste meinen Mann, der schon wieder große Augen wegen des ganzen Chaos macht, und dann bin ich irgendwann zufrieden. Und die Kinder auch. Aber dann gibt es den Schnitt erst in einer Größe. Bis daraus ein E-Book wird, dauert es meist noch ein paar Wochen. Ich gradiere den Schnitt in allen möglichen sinnvollen Größen. Das mache ich übrigens anhand einer eigenen Maßtabelle. Ich arbeite viel mit InkScape und erstelle die Schnitte dann auch damit. Ich schreibe eine Anleitung, mache Fotos beim Nähen und rufe bei Facebook zum Probenähen auf. Denn ich kann mit zwei Kindern einfach nicht alle Größen und Besonderheiten abdecken. Dann gibt es noch mal ein paar Feinjustierungen, um möglichst allen gerecht zu werden und alle Eventualitäten abzudecken. Ich sortiere gefühlt tausende Beispiel-Fotos und füge alles zu einem PDF zusammen. Das E-Book ist geboren.

Was macht denn für dich generell ein gutes E-Book aus? Was darf auf keinen Fall fehlen?

Puh. Ich habe schon so viele schlechte E-Books gesehen. Da war ich immer ganz schön enttäuscht, wenn man nun endlich Zeit zum Nähen hat und dann erst die Kristallkugel befragen muss, was der Autor damit meint. Was auf keinen Fall fehlen darf, ist eine richtig gute Anleitung mit allen Informationen und genauen Bildern, wie, wo, was ich machen muss. Idiotensicher. Ist da nun Nahtzugabe drin oder nicht und wenn ja, wie viel?! Darum habe ich auch für meine E-Books Videos gedreht, die ihr bei YouTube findet. Ich lass mir nämlich auch lieber etwas zeigen, als stundenlang irgendwelche Anleitungen zu studieren.

Deine Schnitte gibt es nicht nur digital, sondern auch in Papierform. Papier oder E-Book ist ja immer so eine Frage, die gerne diskutiert wird. Was magst du denn persönlich lieber, Papierschnitte oder E-Books?

Papierschnitte. Die sind soooo praktisch. Ich finde das Geklebe ja total nervig. Ich will nähen und nicht basteln.

Falls du überhaupt noch Zeit hast, für deine Kinder zu nähen – nähst du nur deine eigenen Schnitte oder hast du Lieblingsschnitte anderer Designer? Wenn ja, welche sind das?

Meine Kinder stehen immer an erster Stelle und sie tragen sehr viel Selbstgenähtes. Von allen möglichen E-Book-Erstellern. Ich probiere gern Neues aus, mein letzter Favorit war eine Boxershorts von Zierstoff für meinen Sohn, der plötzlich keine Windeln mehr tragen wollte und ich völlig unvorbereitet noch keine Schlüppies gekauft hatte.

An welchen Projekten arbeitest du aktuell? Wird bald ein neues E-Book erscheinen? Wenn ja, magst du schon verraten, in welche Richtung es geht?

Ähm … Ich mag keine Vorankündigungen. Es kann immer etwas dazwischen kommen. Ich sage nur: Stoffe vorbestellen. Da wartet man dann seeeehnsüchtig woooochenlang … furchtbar!!! Entweder ganz oder gar nicht. Meine E-Books erscheinen, wenn sie fertig sind, und gut. Da muss man vorher kein großes Ding draus machen. Und ich habe auch keinen Plan, was so als nächstes kommt. Das ist auch für mich jedes Mal eine Überraschung.

Nähen bedeutet ja für jeden etwas anderes. Für die einen ist es eine Herausforderung, für die anderen pure Entspannung. Wie ist es für dich, wie fühlst du dich, wenn du an der Nähmaschine sitzt?

Ich brauche dafür auf jeden Fall genug Zeit. Allein. Nur ich und die Maschine. Grundsätzlich ist es mein Hobby und ich liebe es zu nähen. Es ist also Entspannung. Das kann aber auch manchmal ganz schnell ins Gegenteil umschlagen.

Ist dir dabei denn auch schon mal eine richtig böse Panne passiert? Also irgendwas, an das du dich immer wieder erinnerst und hoffentlich drüber lachst?

*überlegt* Nein, ich glaube so richtig was Böses noch nicht. Nur das Übliche. Aber dafür hat man ja den Nahtauftrenner. Den ich übrigens grad verlegt habe. DAS ist schon doof.

Für viele ist an der Nähmaschine ja zum Beispiel der Reißverschluss ein Angstgegner. Hast du auch Dinge, die dir beim Nähen begegnen, die du aber so gar nicht magst?

Ja, Reißverschlüsse umgehe ich meist mit Knöpfen. Mit Druckknöpfen versteht sich, denn Knopflöcher zählen auch nicht zu meinen Stärken.

Bunte Nähigkeiten, das klingt ja übrigens so niedlich, nett und farbenfroh. Wie bist du eigentlich auf den Namen für dein Label gekommen?

Oh ja, das war was. Ist dir mal aufgefallen, wie viele Labels mit A oder B beginnen? Manch ganz schlaues Kerlchen setzt sogar noch eine Zahl davor, um in Listen immer ganz vorn dabei zu sein. Und es sollte natürlich auch das widerspiegeln, was ich mache. Bunte, fröhliche und immer wieder neue Sachen für Kinder.

Du schreibst auf deiner Homepage, dass es im Internet so viele schöne Stoffe gibt. Jetzt mal Hand aufs Herz – bist du eventuell ein kleines bisschen stoffsüchtig und wenn ja, wie viel Stoff lagert denn bei dir zu Hause und wartet auf seinen Einsatz?

Haha, das willst du gar nicht wissen. Viel zu viel. Aber man hat nie den richtigen. Das kennen wir doch alle …

Hihi, stimmt. Mal angenommen, du dürftest dir einen Nähtraum verwirklichen, ganz egal, was es ist. Was würde das sein? Ein besonderes Projekt? Eine ganz spezielle Maschine? Oder noch mehr Stoff?

Die BLCS war ja schon DER Traum. Ich werde aber auf jeden Fall meinen Fuhrpark weiter erneuern. Ich liebäugel mit einer neuen Ovi aus dem Hause Babylock.

Wie schätzt du die aktuelle Lage am DIY-Markt ein? Nähen ist immer noch sehr angesagt, aber hat das Selbermachen eine Zukunft?

Ja, mit Sicherheit. Ich habe den Eindruck, dass immer noch immer mehr selbstgemacht wird. Das wird sich nicht so schnell ändern, da bin ich mir sicher. Es ist ein Zeichen von Individualität und das ist immer gefragt.

Unsere obligatorische Frage in eigener Sache … bei Sewunity bewerten unsere User Schnitte, fünf Sterne stellen die Höchstbewertung da. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?

Vier. Grundsätzlich bin ich zufrieden, aber man braucht ja einen Anreiz, um noch besser zu werden ;)

Bevor wir nun ganz am Ende angekommen sind, hoffen wir, dass du noch Lust auf unser kleines Entscheidungsspiel hast. Wir stellen dir jeweils zwei Begriffe zur Auswahl – bitte wähle doch den aus, der am besten zu dir passt. Und jetzt geht es los:

- Rollschneider oer Schere? Rollschneider - definitiv!

- E-Book oder Papierschnitt? Papierschnitt

- Webware oder Maschenware? Maschenware

- Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

- Overlock umfädeln mmer mit der gleichen Farbe nähen? Overlock umfädeln

- Couch oder Laufschuhe? Lauf…was?

- Kaffee oder Tee? Wasser. Ohne Sprudel.

Vielen Dank für deine Zeit und deinen Besuch im Nähcafé. Hat uns sehr gefreut! :)