Interview der Woche: Susanne von muckelie

Wisst ihr eigentlich, wie viele erfolgreiche Schnittmusterdesigner aus der Schweiz kommen? Kaum zu glauben, wie viel Kreativität in dem kleinen Land steckt. Wobei, vielleicht ist es auch irgendwie logisch, dass aus der Heimat so etablierter Nähmaschinenmarken wie Bernina und Elna auch richtig viele tolle Nähanleitungen kommen ... ;) Heute haben wir also Besuch aus der Schweiz im Nähcafé: Susanne vom Label muckelie hat sich Zeit für uns genommen und erzählt von Kreativitätskillern, unterschiedlichen Wahrnehmungen und wie wichtig es ist, sich auch im echten Leben kennenzulernen.
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MuckelieWisst ihr eigentlich, wie viele erfolgreiche Schnittmusterdesigner aus der Schweiz kommen? Kaum zu glauben, wie viel Kreativität in dem kleinen Land steckt. Wobei, vielleicht ist es auch irgendwie logisch, dass aus der Heimat so etablierter Nähmaschinenmarken wie Bernina und Elna auch richtig viele tolle Nähanleitungen kommen ... ;) Heute haben wir also Besuch aus der Schweiz im Nähcafé: Susanne vom Label muckelie hat sich Zeit für uns genommen und erzählt von Kreativitätskillern, unterschiedlichen Wahrnehmungen und wie wichtig es ist, sich auch im echten Leben kennenzulernen.

Sewunity: Liebe Susanne, herzlich Willkommen im Sewunity-Nähcafé! Wir freuen uns sehr, dass du Zeit für uns gefunden hast. Wo hab ich dich denn hergeholt? Womit hast du das neue Jahr begonnen?

Susanne: Mit Stricken, man glaubt es kaum.

Der Jahresanfang ist ja traditionell auch den Rückblicken gewidmet. Dein Label muckelie bereichert den DIY-Markt seit etwas über zwei Jahren mit ganz wunderbaren Schnitten. Wenn du auf diese zwei Jahre zurück blickst, mit welchen drei Worten würdest du sie beschreiben, und warum?

SusanneEigentlich sind es ja drei Jahre, also so lange gibt es „muckelie“, den Blog, schon.
Puh, die letzten zwei Jahre.
Schön
Schnell
Anstrengend
Schön auf jeden Fall, da ich so viele wundervolle Frauen kennenlernen durfte und so viel nähen konnte.
Schnell, denn die Szene ist sehr „schnelllebig“. Es kommen und gehen so viele Labels, das ist echt krass, das bedeutet nämlich auch, dass du immer am Ball belieben musst, sonst gehst du unter.
Und das macht das Ganze auch manchmal sehr anstrengend. Ich bin nämlich eher ein langsamer, ruhiger Mensch. Außerdem bin ich ein schreckliches Gewohnheitstier.

Wie bei vielen hat auch bei dir die Leidenschaft fürs Nähen mit deiner ersten Schwangerschaft begonnen. Kreativ bist du aber ja auf ganz anderen Gebieten schon viel länger, du bist ausgebildete Grafikdesignerin. Kann man Kreativität so einfach auf ein anderes Medium übertragen?

Das stimmt auch nicht ganz. Meine Mutter hat für uns Kinder früher ein Großteil der Kleidung genäht, so kam es dann auch dass ich mit 10 oder 11 Jahren schon eine eigene Nähmaschine hatte, eine Lena Lotus. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt nicht so tolle Stoffe wie heute und es war auch nicht immer einfach, in der Schule mit selbst genähter Kleidung rumzulaufen, darum hat sich das Ganze erst mal im Sand verlaufen, obwohl ich Handarbeit im Allgemeinen die Jahre hindurch immer sehr geschätzt habe.
Mein Grafikdesignerin-Studium war für mich dann eigentlich der Kreativitätskiller. Ich denke, die Schwangerschaft und die Kinder haben in mir einfach die Blockade gelöst und ich habe so wieder kreativ sein können.

Wann hast du das erste Mal an einer Nähmaschine gesessen?

Hmmm gute Frage, mit 5, 6 oder 7 Jahren.

Gab es auch mal einen Moment, in dem du gedacht hast: „Nein, das ist glaube ich doch nichts für mich?“ Hättest du schon mal am liebsten alles hingeschmissen?

Regelmäßig schmeiße ich alles hin und bekomme eine Krise, aber das liegt eher an meinem Perfektionismus. Aber ich kann nicht Angefangenes liegen lassen und so kommt es, dass ich immer weiter gemacht habe.
Eigentlich mach es mir auch zu 95% Spaß.

Und wenn du heute auf diese Zeit zurück blickst: Was würdest du vielleicht anders machen? Welche Erfahrungen würdest du anderen „Startern“ mitgeben? Und auf welchen kleinen Helfer möchtest du nicht mehr verzichten?

Ich glaube, nicht viel. Ich würde auf jeden Fall meine Schnitte nicht mehr in kleiner Anzahl zum Verkauf freigeben. Das Wort Kleinserien wird ja sehr frei interpretiert, das ist wirklich schade.

PowPowJuna

Und wie kam es bei dir zu dem Entschluss, dass du gerne deine eigenen Schnitte entwerfen willst? Wann war PowPowJuna in deinem Kopf?

Das wollte ich schon länger, aber ich hatte so nicht die Möglichkeit. Mit fehlte einfach das Knowhow. Und dann kam mein fleißiges Schneiderlein in Spiel, und los ging es.
Die PPJ kam auch durch den Wintersport, den ich betreibe. Ganz am Anfang war sie als Jacke für unter die Skijacke gedacht, und dann ist der Gedanke gewachsen.

Mit deinen Schnitten kann man sich ja mittlerweile rundum einkleiden, und zwar die ganze Familie. Wie entwickelst du deine Ideen? Und wie wird aus einem Bild in deinem Kopf ein echtes muckelie-E-Book?

ShirtViele Ideen sind schon seit Jahren in meinem Kopf, aber ich hab ja oben geschrieben, ich bin etwas langsam und mir hat das Knowhow gefehlt. Es ist, als ob ich eine imaginäre Liste abarbeite. Natürlich wird auch geschaut, was ich und/oder die Kinder zur Zeit brauchen.

Heute geht es im Nähkästchen ja um Unterwäsche. Du hast mit „Das für untendrunter“ auch einen Unterhosenschnitt im Portfolio. Wie kam es zu diesem Schnitt?

Ich passe nicht in die Unterhosen aus dem Laden. Die Schnitte, die ich gekauft hatte, haben mir auch nicht gepasst und so ist meine Unterhose entstanden. Der Schnitt ist übrigens schon vor der PPJ entstanden und vor der Schwangerschaft mit dem Mini Man.

Wem hast du als erstes von der Idee erzählt, Unterwäsche zum Selbernähen zu entwerfen? Und weißt du noch, wie die Reaktion aussah?

Meinem Mann und der musste lachen, aber er fand es auch gut.

War es schwieriger, für „Das für unterdrunter“ ein ausgewogenes Probenähteam zu finden als bei anderen Schnitten? Oder hatte die Nähwelt darauf nur gewartet?

Eigentlich nicht, bis auf ein Mal ist die Resonanz bei den Bewerbungen im Verhältnis sehr groß, dass es mich schon fast überfordert.

Gerade bei so etwas sind Tragefotos natürlich etwas delikat, doch für die Kunden sind sie als Passformbeispiel ja schon ein wichtiges Kaufargument. Generell sind ja Fotos für einen Designer elementar, und für dich noch mal besonders, da du als Grafikdesignerin ja ein besonders geschultes Auge hast. Was ist für dich bei einem Designfoto besonders wichtig? Worauf muss man achten, um einen Schnitt gut in Szene zu setzen?

Mini-PowPowJunaSchwierige Frage, das ist viel Geschmacksache. Ich mache gerne draußen Bilder und arbeite gerne mit viel Tiefenschärfe oder ich mache einfach Bilder vor einem ruhigen Hintergrund. Wichtig ist, dass das Bild in sich nicht zu wild ist und das abgelichtete Objekt nicht untergeht.

Und worauf legst du bei deinen Anleitungen besonderen Wert? Was macht für dich ein gutes E-Book aus?

Puh, dass die Anleitung gut wie möglich erklärt ist. Was wirklich schwierig ist, da es ja bekanntlich verschiedene Wahrnehmungen gibt. Und dass immer nur an einem „Kleidungsstück“ gearbeitet wird, das sorgt weniger für Verwirrung. Ich versuche natürlich so viele Informationen wie möglich aufzulisten, aber das ist auch schwierig, da zu viel Information einen auch erschlagen kann.

Du bist auch ein Paradebeispiel für gutes Netzwerken in der Nähszene. Gerade mit anderen Schweizer Designern wie Sewera „sieht“ man dich häufig zusammenarbeiten. Wie wichtig ist für dich bei einem Beruf, der sich doch vor allem vor dem heimischen PC abspielt, der Kontakt nach außen?

Enorm wichtig.
Seien wir doch ehrlich, im Internet zeigt man nicht immer sein wahres Gesicht, und durch das viele Schreiben kommt es oft auch zu Missverständnissen. Ein persönliches Gespräch von Auge zu Auge ist da einfach eine enorme Hilfe. Außerdem entstehen so wunderbare Freundschaften auch außerhalb vom Nähen.

Du hast zwei Kinder, ein erfolgreiches Label und jede Menge zu tun - hast du eigentlich auch Hobbys, die nichts mit dem Nähen zu tun haben?

Ja, skifahren.

Muckelie

Wenn wir mit einem Rückblick gestartet haben, erlaubst du uns auch einen Blick in die Zukunft? Wie sehen deine Pläne mit Muckelie für 2017 aus?

Nachhaltiger arbeiten. Mehr darauf achten, wie mein Stoff produziert wird und woher er kommt. Das Ganze hier auszuführen, würde das Interview sprengen. Natürlich wird es auch neue Schnitte geben smiley

Deine Schnittmuster erhalten bei Sewunity viele sehr gute Bewertungen. Drehen wir den Spieß doch mal um: Wenn du Sewunity bewerten dürftest – wie viele Sterne würdest du uns geben, und warum?

Ich bin in so was voll schlecht. Aber was mich jetzt echt aus den Socken gehauen hat, waren eure Fragen. Da hat sich wer echt Mühe geben und über mich geforscht und das finde ich sehr beeindruckend. Das hat definitiv 5 Sterne verdient!!!!

Dankeschön! Das freut mich ;)
Auch im neuen Jahr gibt es weiterhin unser kleines Entscheidungsspiel. Machst du mit? Wir nennen dir zwei Begriffe und du sagst, welcher besser zu dir passt!

Rollschneider oder Schere? Rollschneider

E-Book oder Papierschnitt? E-Book

Webware oder Maschenware? Beides

Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt

Overlock umfädeln oder immer mit derselben Farbe nähen? Ich nähe nur mit Schwarz und Weiß

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Stoffgeschäft

Couch oder Laufschuhe? Couchschuhe

Kaffee oder Tee? Kaffee

Liebe Susanne, vielen Dank, dass du unsere Fragen beantwortet hast!