Sie lebt in Köln und entwirft vielseitige, fröhliche Schnittmuster für Kinder und Erwachsene: Svenja, die Schöpferin des Labels Lotte&Ludwig. Im Nähcafé berichtet die ausgebildete Schneiderin, warum man nicht zwingend ein Vollprofi sein muss, um sich als Schnitterstellerin zu behaupten und welche Tipps Anfänger bei den ersten Versuchen an der Nähmaschine unbedingt beachten sollten.
Sewunity: Liebe Svenja, erst einmal vielen Dank, dass du uns für ein Interview zur Verfügung stehst. Dein Label heißt Lotte&Ludwig, du selbst aber Svenja – wer sind denn Lotte&Ludwig?
Svenja: Hallo ihr Lieben, ich freue mich sehr, dass ihr an mich gedacht habt. Mein Label ist sowas wie mein zweites Baby (nach meiner Tochter), deshalb brauchte es natürlich auch einen Namen. Ich wollte einen Namen der meinen Stil widerspiegelt und mit dem ich mir offen halten kann ob ich für Mädchen, Jungs, Damen oder Männer Mode mache. Und weil ein Label oft ganz schön viel Arbeit macht wurden es dann Zwillinge, Lotte&Ludwig. Oder um es mit Paris Gellers Worten zu sagen: „Unterschätze nie die Macht einer Alliteration!“
Für welche Art von Schnitten steht Lotte&Ludwig?
Meine Schnittmuster sind für alle, die gerne Neues lernen wollen und auch mal Herausforderungen suchen. Alle Schnitte sind sehr variantenreich, so dass man sie auch mehrmals verwenden kann, ohne sich dran satt zu sehen; sie sind durchdacht und praktisch im Alltag, mit einem bisschen Nostalgie, das sie unverwechselbar macht.
Gehen wir doch mal einen Schritt zurück. Wie hat mit Lotte&Ludwig alles angefangen? Wie bist du dazu gekommen, eigene Schnitte zu entwerfen?
Soll ich weit ausholen? Schon in meiner Jugend habe ich das Nähen für mich entdeckt und wollte unbedingt Modedesignerin werden. Dazu machte ich nach dem Abi erstmal ein Praktikum in einem Schneideratelier, wo es mir so gut gefiel, dass ich blieb und eine Ausbildung zur Maßschneiderin machte. Mein Wissensdurst war danach aber noch nicht gestillt und vor allem zum Thema Schnittkonstruktion wollte ich mehr lernen, weshalb ich noch ein Bekleidungstechnikstudium anschloss. Die Idee, eigene Schnittmuster zu veröffentlichen, hatte ich schon 2012, als ich noch im Studium mit meiner Tochter schwanger war. Damals lief das alles mit den E-Books erst an und es gab nur Pumphosen oder Shirt-Schnitte, was ich sehr langweilig fand. Ich wollte zeigen, dass es auch anders geht und meine Ausbildung lieferte mir dafür natürlich die perfekte Grundlage. Bis es dann aber wirklich so richtig los ging dauerte es noch bis Anfang 2014. Seit Anfang dieses Jahres habe ich nun meinen Abschluss und konzentriere mich voll und ganz auf Lotte&Ludwig.
Die Nähszene boomt aktuell unglaublich, der Markt an Schnittmustern wird immer größer. Welche Gefühle löst es bei dir als gelernte Schneiderin aus, wenn auch immer mehr Laien damit anfangen, eigene Schnitte und E-Books zu erstellen? Geht sowas überhaupt ohne den nötigen fachlichen Background?
Natürlich geht das, das haben schon viele liebe Kolleginnen eindrucksvoll bewiesen. Gerade am Anfang fand ich es sogar hinderlich, die Vorbildung zu haben, denn ich tat mich sehr schwer damit, mich in die Kunden hineinzuversetzen. Wenn man schon fast zehn Jahre in einem Beruf arbeitet, denkt man, manche Ausdrücke und Fertigkeiten wären selbstverständlich und vergisst, sie ausreichend zu erklären oder macht einfach alles viel zu kompliziert. Aus dem Grund sind auch einige E-Books am Anfang wieder in den virtuellen Papierkorb gewandert. Mittlerweile würde ich sagen, habe ich mir schon einen kleinen Namen gemacht und auch meine Professionalität spricht jetzt immer mehr für mich, die Kunden schätzen meine Arbeit. Außerdem bin ich in der Lage, aufwändigere Schnitte zu machen, die man als Laie nicht ohne weiteres hinbekommt. Dadurch kann ich mich eher von den Kolleginnen abheben. Ich glaube allerdings, mittlerweile wird es schwerer, als Laie neu durchzustarten, denn gerade bei einfachen Schnitten ist der Markt ziemlich gesättigt und man braucht schon mehr als eine neue Teilungsnaht um aufzufallen.
Was macht für dich ein gutes Schnittmuster bzw. ein gutes E-Book aus?
Puh, das ist gar nicht einfach zu beantworten. Es sollte funktional, durchdacht und variantenreich sein, etwas Besonderes das sich von anderen unterscheidet. Gleichzeitig lege ich aber auch Wert darauf dass die Anleitung liebevoll gestaltet ist, dass man merkt wie viel Herzblut in einem Projekt steckt und dass der Ersteller sich was dabei gedacht hat. Für mich außerdem total wichtig sind die Passform, eine schöne Verarbeitung, die auch von innen gut aussieht und eine Anleitung, in der nichts fehlt.
Nähen ist im Moment einfach angesagt und in. Handelt es sich dabei um einen kurzzeitigen Trend – oder wird der Boom dauerhaft anhalten?
Ich glaube, er wird dauerhaft bleiben. Wer einmal an der Nadel hängt, kommt so schnell nicht wieder davon los ;). Aber ich glaube, er wird sich wandeln bzw. spüre ich den Wandel schon. Wer vor 2-3 Jahren angefangen hat zu nähen, hat sich weiterentwickelt und Lust auf Neues. Deshalb sind auch Damen- und Herrenschnitte immer mehr im Kommen. Es werden zwar sicher immer noch Anfänger nachkommen, aber die Nachfrage wird sich verteilen.
Stell dir vor, jemand kommt zu dir und berichtet dir, mit dem Nähen anfangen zu wollen. Welche Tipps gibst du einem absoluten Anfänger für den Start mit auf den Weg?
1. Kopf einschalten und loslegen, auch ohne Anleitung. Wenn man was nicht versteht, dann einfach mal überlegen, wie es fertig aussehen soll (oder an gekaufter Kleidung nachschauen) und überlegen, wie man wohl dahin kommt. So lernt man viel mehr, als sich einfach nur an eine Anleitung zu halten. Und wenn mal was schief läuft, gibt’s ja immer noch den Auftrenner.
2. Bügeln, bügeln, bügeln …ich weiß, gerade bei Anfängern ein verhasstes Thema, aber wenn man sich direkt von Anfang an angewöhnt, immer zwischendurch zu bügeln, ist es leichter, als später damit zu beginnen. Eine Faustformel in meiner Ausbildung war: Man muss beim Nähen länger am Bügelbrett stehen als an der Nähmaschine, und wer gut bügeln kann darf schlecht nähen.
3. Mit gewebten Stoffen starten, nicht mit Jersey. Lieber zuerst ein paar Taschen und Kissen nähen, um Grundlagen zu erlernen. Mit Jersey ist das viel schwerer!
Welches ist dein persönlicher Lieblingsschnitt – abgesehen von deinen eigenen?
Ich bin ja ehrlich gesagt sehr kritisch bei Schnittmustern, und nachdem ich öfter Fehlkäufe getätigt habe, kaufe ich eigentlich gar keine mehr. Ich liebe aber die Schnitte von „Liebe Windel“, sie macht Schnittmuster rund um das Thema Stoffwindeln, was ich super spannend finde. Die Anleitungen sind toll erklärt und die Schnitte passen perfekt, besser könnte ich es auch nicht machen.
Nähen ist natürlich auch ein sehr zeitaufwendig – und das Entwerfen von Schnitten erst recht. Wie schaffst du es, deinen Beruf und deine Familie unter einen Hut zu bringen?
Ich habe einen tollen Mann, der mir den Rücken frei hält. Außerdem darf hier auch mal das Chaos herrschen. Wenn ich unbedingt was fertig machen muss, darf das Kind auch mal meine Stoffkisten leeren und sich daraus Höhlen bauen und Kleider für die Kuscheltiere basteln.
Nun noch eine Frage in eigener Sache: Bei Sewunity bewerten die User Schnittmuster und verteilen Sterne. Mal umgekehrt gefragt: Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben – und warum?
Auf jeden Fall 5 Sterne! Ich finde die Idee total toll, weil es ja so viele verschiedene Schnittmuster gibt, dass man schnell den Überblick verliert. Vor allem die Funktion mit der To-Sew-Liste ist klasse!
Am Ende unserer Interviews fordern wir unsere Interviewpartner gerne zu einem kleinen Spiel heraus. Wir präsentieren dir jeweils zwei Begriffe zur Auswahl – wähl doch bitte denjenigen aus, der für dich zutreffend ist:
Vielen Dank für das Gespräch!