Als Kind nähte sie bereits mit ihrer Oma zusammen, heute stellt sie sich der Herausforderung, Schnitte zu erstellen, die es in der Form noch nicht gibt: Tina vom Label Happy Pearl. Im Interview mit Sewunity erzählt sie nicht nur, wie ihr Label zu seinem Namen kam, sondern auch, welchen Arbeitsschritt sie so überhaupt gar nicht mag. Viel Spaß beim Lesen!
Sewunity: Liebe Tina, wir freuen uns, dass wir dich heute im Sewunity-Nähkästchen begrüßen dürfen. Dein Label heißt Happy Pearl – magst du uns zunächst mal erzählen, wie es zu dem Namen gekommen ist?
Tina: Happy Pearl, dieser Name liegt einem Hobby zu Grunde, dem ich ab 2007 nachging. Ich habe von 2007 bis etwa 2012 Glasperlenschmuck hergestellt, Tibet-Silber verarbeitet und Fimoperlen kreiert. Weltweit habe ich dazu Material eingekauft und 2009 auch einen Shop bei DaWanda eröffnet, wo ich die Schmuckstücke anbot. Im Sommer 2010 kam dann ein Materialshop dazu. Meine fast immer gute Laune und Perlen-Sammelwut führten dann zu dem Namen, den ich dann beibehalten habe, als ich 2015 meinen ersten Schnitt erstellte.
Dein Label ist noch recht jung und du zählst zu den Newcomern in der Nähszene. Wie schwer ist es, für dich dort Fuß zu fassen und dich neben vielen großen und namhaften Designern zu behaupten?
Fuß habe ich wohl gefasst, ja, aber ich schaue nicht so nach links und rechts, was ein Ranking betrifft. Ich habe meinen kleinen Kreis an Fans, der ausreicht, mich zu motivieren, immer weiter zu machen.
Mal ganz anders gefragt: Wenn du einem Kunden erklären sollst, was er bei Happy Pearl bekommt – wie würdest du dein Angebot in einem Satz zusammenfassen?
Er bekommt echte Handarbeit mit Herzblut. Ich mache alles allein bis auf das Probenähen in den angebotenen Nähgrößen des jeweiligen E-Books.
Dann gehen wir doch nochmal ein paar Schritte zurück. Wie bist zu selbst zum Nähen gekommen – hast du es dir selbst beigebracht, Kurse belegt oder gar eine entsprechende Ausbildung?
Genäht habe ich schon recht früh mit meiner Oma zusammen. Sie hatte drei Töchter, die sie schon als Kinder benähte, weil sie wenig Geld hatte. Da gab es ein paar Meter Stoff und die drei Orgelpfeifen bekamen alle das gleiche Kleid. Sie stattete dann später ihre selbstgemachten Rupfenpuppen aus und ich meine Barbies. In der fünften Klasse saß ich das erste Mal an einer Nähmaschine, um aus zwei Geschirrtüchern eine Schürze zu nähen. Das fand ich damals ziemlich easy und ich durfte dann für alle aus der Klasse immer die Maschinen einfädeln. Ich habe dann immer weiter genäht, aber es beschränkte sich lange auf Webware. Kissenhüllen und Taschen, mal eine Schlaghose und Wickelröcke in der Pubertät. Meine ältere Cousine lernte Schneiderin und Schnittdirectrice und zeigt mir so einiges, aber im Grunde genommen ist es alles selbst beigebracht.
Dein Schwerpunkt liegt im Bereich der Kinderkleidung. Worin liegen die besonderen Herausforderungen, wenn du deine E-Books und Schnitte erstellst?
Die Herausforderung liegt dabei, möglichst einen Schnitt zu designen, den nicht schon hundert andere Schnittersteller anbieten.
Das stell ich mir ganz schön schwierig vor. Ganz allgemein: Was ist dir an einem E-Book besonders wichtig? Was muss es alles beinhalten, damit du sagst: „Ja, jetzt ist es eine runde Sache?“
Wichtig ist, dass ein Nähanfänger bis hin zum Profi etwas mit meinem E-Book anfangen kann. Ein Nähanfänger sollte leicht mit der Anleitung zurecht kommen, damit er ein schönes Ergebnis erzielt und ein Profi sollte Freude haben, am Schnitt selbst noch kreativ zu werden mit eigenen Ideen.
Falls du überhaupt noch Zeit hast, selbst zu nähen – was sind denn deine Lieblingsschnitte? Sowohl von deinen eigenen Schnitten als auch vielleicht von anderen Designern?
Den Lieblingsschnitt überhaupt habe ich nicht. Ich nähe gerne Schnitte, wo ich mich nicht stundenlang aufhalten muss. Ich komme gerne flott zum Ergebnis und ich liebe Unterteilungen, wo man Stoffe mixen kann.
Was war denn dein bisher größtes Nähprojekt? Vielleicht sogar eins, dass dich ganz besonders herausgefordert hat?
Mein größtes Nähprojekt hat noch nicht begonnen. Es ist noch in der Planungsphase und ich bin wild dafür am Sammeln. Ich möchte aus Jerseyquadraten eine Decke für mich nähen.
Wow, das klingt nach einer Aufgabe. Hast du denn auch einen „Angstgegner“? Gibt es „Aufgaben“ oder Arbeitsschritte beim Nähen, die du so überhaupt gar nicht magst?
Buuuhh, ich kann Bündchen annähen nicht leiden! Wie viele angefangene Stücke lagern hier und da, wo nur die Bündchen fehlen ...
Mal angefangen, eine gute Freundin von dir möchte mit dem Nähen beginnen. Was rätst du ihr?
Sie soll sich erst mal an Webware versuchen, am besten an einem Einkaufsbeutel. Gerne würde ich das mit ihr zusammen machen. So eine Nähfreundin vor Ort wäre toll ... gemeinsam nähen ... ich habe leider nur virtuelle Kontakte. Da sind auch intensive Beziehungen entstanden, die ich nicht missen möchte, aber es ist doch was anderes, als gemeinsam Stoffe zu streicheln, sich ein Projekt dafür zu überlegen und schwatzend und schnatternd nebeneinander an der Nähmaschine zu sitzen.
Bleiben wir nochmal beim Thema E-Books – wie viel Zeit vergeht denn bei dir von der ersten Idee bis zum fertig veröffentlichten E-Book? Und wie stehst du zum Thema Papierschnitte?
Oh, das ist unterschiedlich. Manchmal hole ich eine Skizze hervor, die schon ein Jahr im Ideenbuch schlummert, und gradiere sie oder ich stolper nach einem Probenähen mit einer spontanen Idee sofort in das nächste. Gradieren, nähen lassen, veröffentlichen bewegt sich so in einem einem Rahmen von ca. vier bis sechs Wochen.
Mal angenommen, Zeit und Geld spielen keine Rolle – welchen Traum in deinem Leben würdest du gerne mal verwirklichen? Hast du vielleicht sogar einen Nähtraum?
Ich würde gerne meine kreativen Ergüsse vollends ausleben. Dazu würde ich meinen Brötchenjob kündigen und mich gänzlich dem „handmade“ widmen:
Weitere Schnitte auf den Weg bringen und Stoffe designen wäre hoch angesiedelt. Weiterhin Leute einstellen, die mein Kopfchaos der Ideen entwirren und koordinieren und mich bei einem professionellen Auftritt unterstützen.
Aktuell hat man den Eindruck, dass es im DIY-Markt sehr turbulent zugeht – nicht erst seit der Schließung von DaWanda. Wie schätzt du die aktuelle Lage in der Nähszene ein – wird Nähen auch weiterhin so populär bleiben, wie es vielleicht vor zwei, drei Jahren war?
Nähen macht Spaß, die Stoffe sind im Angebot vielfältig und vernäht oft echte individuelle Hingucker. Wer etwas besonderes möchte, wird dabei bleiben. Nähen ist weiter aktuell, weil es mit anderen „Gerade-In-Highlights“ kombiniert werden kann: Strass, Plotten, Textilfarben usw. ,.. das hält es bisher noch am Laufen.
Wie stehst du eigentlich zum Thema Stoffe? Welche Mengen an Stoffvorräten lagern bei dir – und hast du Lieblingsstoffe?
Ich denke, ich vertrete eine weit verbreitete Gattung: mehr besitzen als man eigentlich braucht oder auch genannt: Jäger und Sammler. Ich kann meine Stoffe nicht mehr zählen, aber ich vernähe weniger, als ich nachkaufe. Der Berg wächst stetig weiter und ich komme so langsam in die Bredouille mit der Lagerung.
Hihi, das kennen wir doch alle. Wie sehen deine persönlichen Pläne für die Zukunft aus? Arbeitest du bereits an einem neuen E-Book – oder hast du vielleicht auch gerade ganz andere Dinge vor?
In meinem Kopf arbeite ich ständig an neuen Schnitten. Mein Skizzenblock ist lang, der Tag zu kurz, um das alles zügig zu bearbeiten. Aber das ist auch nicht mein Ziel. Ich möchte nicht ein E-Book nach dem anderen im Schnellverfahren raus bringen. Ich habe einen groben Zeitplan für den Ablauf der Nähdauer in einem Probenähen, aber das ist nicht in Stein gemeißelt. Dauert es länger, dauert es eben länger. Und deshalb wird es Happy Pearl auch noch in Zukunft geben, weil mir noch so einiges einfällt, was ich unbedingt noch probieren muss.
Nun noch unsere obligatorische Frage in eigener Sache. Bei Sewunity bewerten unsere User Schnittmuster mit Sternen, fünf Sterne stellen die Höchstwertung dar. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?
Ich finde die Idee der Plattform, das User ihre Werke hochladen können, echt toll. Für diese tolle Idee gibt es von mir fünf Sterne!!!! Auch für meinen Zugang, das Bearbeitungstool gebe ich fünf Sterne. Das habt ihr toll gelöst, so dass ich gänzlich mein eigener Admin bin.
Am Ende ist es nun noch Zeit für unser kleines Entscheidungsspiel. Wir geben dir jeweils zwei Begriffe zur Auswahl – wähl doch bitte den Begriff aus, der für dich am besten passt:
- Rollschneider oder Schere? Rollschneider
- E-Book oder Papierschnitt? E-Book
- Webware oder Maschenware? Derzeit Maschenware
- Nähkurs oder Autodidakt? Autodidakt
- Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? umfädeln
- Onlineshopping oder Stoffgeschäft? online
- Couch oder Laufschuhe? Couch
- Kaffee oder Tee? Weder noch – beides igitt!
Vielen Dank für deinen Besuch im Nähcafé! Wir haben uns sehr gefreut!