Interview der Woche: Verena von Lunicum

Lunicum heißt Lunicum, weil Luna ein Unicum ist. Was es damit genau auf sich hat, wie sich ein E-Book von der Masse abheben kann und was zu beachten ist, wenn man Kopfbedeckungen für Frauen bei einer Chemotherapie näht, verrät Verena, die wir diesmal in unserem Nähcafé von Herzen willkommen heißen.

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Liebe Verena, herzlich willkommen bei Sewunity und klasse, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Lunicum, das klingt lateinisch, ist es aber offenbar gar nicht. Was hat es mit dem Namen deines Labels auf sich?

Verena von Lunicum
Verena vom Label Lunicum

Mache ich gerne, ich habe mich gefreut, als Ihr mich zum Interview eingeladen habt! Der Name ist ein Wortspiel und bezieht sich auf meine Tochter, die inzwischen auch Design studiert und mir regelmäßig Feedback und Kritik zu meinen Modellen gibt: Luna ist ein Unicum => Lunicum.

Du bist im Kreise der Schnittmusterersteller eine derjenigen, die das Entwerfen von Schnitten von der Pike auf gelernt hat – schließlich bist du Diplom-Modedesignerin. Wie bist du auf die Idee gekommen, eigene Schnitte zu entwerfen?

Ich habe viele Jahre Entwürfe und auch Schnittmuster für Damenmodefirmen gemacht, selbst genäht habe ich natürlich für meine beiden Kinder, die fröhliche Kunden für meine Musterteile waren. Irgendwann bin ich auf die Idee gekommen, die Kinderschnitte digital anzubieten für Laien, denen ich dazu erklären kann, wie man die Modelle am einfachsten näht.

Dein Schwerpunkt liegt auf Kinderschnitten, außerdem findet man in deinem Angebot noch verschiedene Accessoires. Warum sucht man bei dir Schnitte für Erwachsene vergebens?

Bei den PDF-Schnittmustern muss ich die Schnitte unterteilen, damit sie auf normales DIN A4-Format passen. Dafür sind Kindermodelle und Mützen ideal, dann habe ich nicht so ein kompliziertes Schnittteil-Puzzle zum Zusammensetzen.

Die Kunst in der Nähszene besteht darin, sich mit seinen eigenen E-Books von der Masse abzuheben. Was ist dir bei der Erstellung von Schnitten ganz besonders wichtig, wie holst du deine Kunden ab?

Ich gebe mir viel Mühe, genau die richtigen Stoffe zu finden, die ein Modell gut rüberbringen. Nur so sieht man auf den Fotos auch das Potential eines Schnittmusters und kann sich bei der eigenen Stoffauswahl daran orientieren.

Was macht für dich generell ein gutes E-Book aus? Wo liegen hier die größten Fehlerquellen?

Lunicum - Logo
Lunicum

Gut finde ich, wenn es so einfach wie möglich ist, am besten schon optisch nachvollziehbar, z.B. durch die richtigen Fotos oder Skizzen. Ich möchte, dass Hobby-Schneiden/innen nicht gleich die Geduld verlieren, sie sollen Spaß am Arbeiten haben, weil es ein tolles Hobby ist, für die eigenen Kinder oder Enkel Unikate zu nähen.

Neben der Schnitterstellung hast du noch ein zweites Standbein – und zwar eins, das so wichtig ist, dass wir es hier nicht unerwähnt lassen wollen: Du nähst Kopfbedeckungen für Frauen ohne Haare, zum Beispiel bei einer Chemotherapie. Wie kam es denn zu dieser Idee und wie wird dein Angebot angenommen?

Das Atelier behütet.com entstand, als eine Freundin sich einer Chemotherapie unterziehen musste und lieber Mützen als Perücke tragen wollte. Dadurch habe ich mich zum ersten Mal mit den besonderen Bedürfnissen während dieser Zeit auseinandergesetzt. Nach den ersten Modellen und Versuchen habe ich die Palette noch erweitert, inzwischen kann ich über 50 Modelle anbieten und aktualisiere immer die Farben passend zu den Modethemen. Leider kann ich die Mützen im Moment nur verschicken, aber im Laufe des Jahres werden sicher auch wieder Anproben im Atelier in der Nähe von Münster möglich sein. Diese Kontakte fehlen mir im Moment, einmal das Ausprobieren, was jemandem steht, und zum anderen vermisse ich die tollen Gespräche mit starken Frauen.

Mal angenommen, eine unserer Leserinnen möchte für Freunde oder Verwandte bei einer Krebserkrankung ebenfalls Kopfbedeckungen nähen – gibt es dabei etwas zu beachten? Kann man elementare Fehler machen?

Modelle, die dem Hals auch ein bisschen Schutz bieten, finde ich gut, z.B. Piratentücher oder Beanies mit Dekobändern, die hinten geknotet werden. Ich würde hochwertige Stoffqualitäten mit einem angenehmen Griff verwenden, der Hautkontakt ist wichtig zum Wohlfühlen. Auch bei Lunicum gibt es mehrere Schnittmuster, die für die Zeit ohne Haare geeignet sind.

A propos Fehler … gibt es Dinge beim Nähen, bei denen selbst du als Profi noch gerne Fehler machst? Und wenn ja, wobei handelt es sich?

Mein letzter Fehler war eine verdrehte Stoffseite, aber das war zu beheben.

Um mal bei dem Fehlerthema zu bleiben: Was würdest du einem totalen Nähanfänger raten? Wo kann dieser die meisten Fehler machen – und wie lassen sich diese vermeiden?

Ich würde mit einem ganz einfachen Schnitt anfangen, damit man erst mal ein Gefühl für Stoff und das Eigenleben seiner Nähmaschine bekommt (ja, ja, die Maschine lebt😊). Schneller Erfolg ermutigt zum Weitermachen, und dann kann man auch etwas Neues ausprobieren.

Zur Zeit befinden wir uns leider noch mitten in der Coronakrise, die vielen von uns eine Menge abverlangt. Das Nähen hat allerdings in dieser Zeit wieder einen neuen Boom erfahren. Hast du persönlich einen Gewinn aus dieser Zeit ziehen können oder hat sich für dich etwas Wesentliches verändert?

Meine Schnittmuster-Projekte erleichtern mir die Zeit, und natürlich nähe ich auch selbst viel, sonst würde mir die Decke auf den Kopf fallen. Im Moment werden mehr Schnittmuster gesucht, und dafür bin ich natürlich dankbar, weil andererseits der Mützenumsatz sehr eingeschränkt ist.

Dein Angebot an Schnitten ist groß und umfangreich. Hast du unter deinen eigenen Schnitten Lieblingsschnitte? Solche, von denen du sagst, dass sie dir besonders gut gelungen sind – und wenn ja, welche sind das?

Lunicum
Verena mit ihrer Tochter Luna

Ja klar, nur kann ich es nicht auf ein Modell beschränken, ich habe mehrere Lieblingsteile: die Carmen-Bluse, den Tellerrock, die Shorts, das Wickelkleid, die Cargohose, die Jogginghose, das Blumenmädchenkleid und den Poncho, um einige zu nennen.

Sicher arbeitest du bereits an neuen Projekten oder E-Books. Kannst oder willst du schon verraten, was als nächstes von dir kommen wird – oder es zumindest andeuten?

Ich bereite mich gedanklich schon auf den Sommer vor, gerade ist ein Schnittmuster für Paperbag-Shorts fertig geworden, und als Nächstes kommen Radlerhosen an die Reihe.

Bevor wir am Ende unseres Interviews angekommen sind, hätten wir noch eine Frage in eigener Sache für dich. Bei Sewunity bewerten die User Schnittmuster mit Sternen, je mehr Sterne, um so besser, fünf Sterne sind die Höchstwertung. Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben und warum?

Fünf Sterne für Sewunity, nicht nur, weil das jetzt charmant klingt, sondern weil es eine sehr benutzerfreundliche Plattform ist, bei der man noch persönliche Hilfestellung bekommen kann. Ich muss neidlos zugestehen, dass Ihr viele gute Schnittmacher im Angebot habt. Und nicht zuletzt gefällt mir die Gestaltung Eurer Seite, sie ist hell und übersichtlich, und Euer Fadenstich-Logo finde ich sehr gelungen.

Oh, vielen, vielen Dank! Und wenn du jetzt immer noch Energie hast … hätten wir hier noch unser kleines Entscheidungsspiel für dich. Zwei Begriffe stehen zur Auswahl, bitte wähle den, der am besten zu dir passt:

Rollschneider oder Schere? Schere

E-Book oder Papierschnitt? E-Book

Webware oder Maschenware? Beides gerne, aber mehr Webware

Nähkurs oder Autodidakt? Nähkurs

Overlock umfädeln oder immer mit der gleichen Farbe nähen? Umfädeln!!

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Stoffgeschäft, weil ich die Qualität fühlen muss

Couch oder Laufschuhe? Beides gut, fehlen noch die Birkenstocks

Kaffee oder Tee? Kaffee

Vielen Dank für das Interview! 😊