Es klingt so einfach, aber doch kann einiges schiefgehen - der Zuschnitt ist der erste Schritt zu echter Nähfreude. Wenn du dein Schnittmuster vom Papier auf den Stoff überträgst, setzt du den Standard für den Näherfolg. Denn natürlich können Fehler beim Zuschnitt dafür sorgen, dass das Ergebnis am Ende zu wünschen übrig lässt. Worauf du achten musst und welche Kniffe dir helfen können, verraten wir dir hier.
1) Der richtige Zuschneideplatz
Die wichtigste Regel beim Zuschneiden ist, dass du einen sinnvollen Platz dafür brauchst. Ideal ist natürlich ein ausreichend großer Tisch in rückenfreundlicher Arbeitshöhe. Aber je nach Nähprojekt kann es auch wirklich sinnvoll sein, auf dem Fußboden zuzuschneiden! Egal, ob du auf dem Küchentisch arbeitest oder einen extra Zuschneidetisch dein Eigen nennst: Wichtig ist, dass die Oberfläche eben, glatt und freigeräumt ist. Nichts ist ärgerlicher als ein zerschnittenes Maßband, das noch unter dem Stoff lag, oder eine Scharte im Rollschneider, weil da doch noch eine kleine Stecknadel nicht wieder weggeräumt wurde.
Achte darauf, dass dein Stoff glatt und eben liegt. Besonders bei dehnbaren Materialien sollte kein Stoff über den Tischrand nach unten hängen - durch das Gewicht wird der Stoff sonst nämlich gestreckt und der Zuschnitt stimmt nachher nicht mehr! Wenn du mehr Stoff hast, als auf deinen Tisch passt, dann rolle die Stoffbahn am Ende zusammen, sodass alles auf dem Tisch liegt, aber nichts in deinen Zuschnittbereich hineinragt. Auch ein ans Ende gestellter Stuhl als Ablage kann helfen. Oder du platzierst mehrere schwere Gewichte auf dem Rand des Stoffs, sodass kein Zug entsteht. Auch nicht dehnbare Stoffe können durch die Belastung beim Überhängen verzogen werden. Im Ernstfall gilt- lieber auf dem Boden zuschneiden!
2) Das richtige Werkzeug
Ob du lieber mit einer Schere oder einem Rollschneider arbeitest, ist genauso Geschmackssache wie die Wahl des Geräts selber. Teste idealerweise verschiedene Modelle aus - arbeitest du lieber mit einer schweren oder einer leichten Schere? Welche Klingenlänge kommt dir entgegen? Welcher Rollschneidergriff liegt am besten in der Hand, welche Klingengröße passt zu deiner Art zu arbeiten? Bei Scheren solltest du immer eine spezielle Stoffschere verwenden. Schneiderscheren haben immer eine glatte Unterseite, damit du möglichst dicht über dem Untergrund schneiden kannst. Lange Klingen sind gut für lange Schnitte, bei kurvigen Elementen kann eine kleinere Schere hilfreich sein. Auch beim Rollschneider können unterschiedliche Modelle bei verschiedenen Projekten hilfreich sein.
3) Der Schnittmuster-Lageplan
Bevor du zur Schere greifst, musst du sicherstellen, dass du deinen Schnitt auch korrekt auf den Stoff bringen kannst. Viele Schnittmuster enthalten einen sogenannten Lageplan, auf dem eine möglichst optimale Positionierung der Schnittteile auf dem Stoff vorgeschlagen wird. So entsteht nicht viel Verschnitt und der Stoff wird gut ausgenutzt. Doch natürlich hängt die korrekte Verteilung auch immer vom Stoff ab. Willst du ein Motiv in Szene setzen, musst du beim Zuschnitt natürlich Acht geben. Auch der Verlauf von Mustern will beachtet werden. Und es gibt auch Stoffe mit einer Laufrichtung (wie Cord zum Beispiel), bei denen du darauf achten musst, alle Teile beim Zuschnitt korrekt auszurichten. Und natürlich den Fadenlauf nicht vergessen!
Was der Fadenlauf ist und warum du beim Zuschnitt auf ihn achten musst, erfährst du hier!
Lege den Stoff (wenn du in doppelter Stofflage zuschneiden sollst) immer rechts auf rechts, also mit der schönen Seite nach innen. Das wird beim Übertragen eventueller Markierungen noch wichtig! Und ein Tipp für Nähanfänger: Du kannst den Stoffbruch natürlich so platzieren, dass du stoffsparend zuschneiden kannst, er muss nicht in der Mitte der Stoffbahn sein. Gerade bei Musterstoffen kannst du den Bruch als vordere oder hintere Mitte schön passend zum Muster ausrichten.
4) Wie kommt der Schnitt auf den Stoff?
Dein Schnittmuster ist ja für gewöhnlich auf Papier oder (wenn du entsprechend beim Kopieren vorgehst) auf Folie. Für den Zuschnitt musst du es auf den Stoff übertragen. Hier gibt es verschiedene Methoden.
Eine ganz klassische Variante ist das Kopierrädchen. Hierzu musst du den Schnitt nicht erst vom Bogen abpausen, sondern du legst ein spezielles, kreidebeschichtetes Kopierpapier auf den Stoff, den Schnittmusterbogen oben drauf, und du fährst mit dem Kopierrädchen die Linien entlang. Die Zacken des Rädchens übertragen die Linien auf den Stoff. Das spart Pauspapier, aber es ist schwieriger, die Schnittmusterteile ideal zu platzieren. Das kannst du mit Papier- oder Folienstücken besser hinbekommen.
Um das Schnittmuster an Ort und Stelle zu halten, kannst du zum Beispiel Stecknadeln verwenden. Stecke das Papier auf dem Stoff fest, und nichts verrutscht mehr. Nachteile bei dieser Methode können zum Beispiel sein, dass man den Stoff natürlich bewegt beim Stecken. Und wenn man mit dem Rollschneider arbeitet, muss man vor allem bei Schnittmustern, in denen die Nahtzugabe bereits enthalten ist, aufpassen, dass man nicht mit der Klinge aus Versehen über eine vorstehende Nadelspitze fährt. Es gibt auch Materialien (wie Kunstleder, Oilskin oder Wachstuch), bei denen die Löcher, die die Stecknadeln verursachen, dauerhaft zu sehen wären. Auch bei sehr feinen Materialien könnten Stecknadeln den Stoff beschädigen.
Hier können Nähgewichte hilfreich sein. Mit diesen Helferlein beschwerst du Papierschnittmuster und Stoff aufeinander, damit nichts verrutscht. Eigentlich kann man natürlich alles, was so rumsteht und schwer genug ist, verwenden. Wenn du aber gerne spezielle Nähgewichte haben möchtest, gibt es verschiedene Varianten: mit Sand oder Reis gefüllte Stoffbeutelchen, große Unterlegscheiben aus dem Baumarkt oder (sehr hübsch!) mit Fimo verkleidete große Schraubenmuttern sind besonders angesagt. Wichtig ist, dass die Gewichte bei relativ hohem Gewicht nicht beim Zuschnitt stören, also relativ flach sind. Bei Metallgewichten gibt es noch einen zusätzlichen Trick, den du bei einem Zuschneidetisch anwenden kannst: Bringe eine Lage Magnetfolie unter deiner Schneidematte an! Die eisernen Unterlegscheiben oder Muttern werden davon angezogen und halten den Stoff und das Schnittmuster so noch besser fest.
Oder schneidest du mit dem Beamer zu? Bei dieser Technik brauchst du gar kein Papierschnittmuster, sondern projizierst die Datei direkt auf den Stoff. Auch die Pattarina-App spart Papier, weil sie das Schnittmuster via VR auf den Stoff beamt. Hier musst du dann nur die virtuellen Linien mit Schneiderkreide, Trickmarker und Co. auf den Stoff übertragen - auch im Nähzimmer hält immer wieder neue Technik Einzug! Allerdings geht das natürlich nicht mit jedem Schnittmuster - für Pattarina sind bisland nur spezielle Schnittmuster aufbereitet, und auch beim Beamen gibt es einiges zu beachten; du benötigst auf jeden Fall eine DIN-A0-Datei, besser noch ein für den Beamer optimiertes Schnittmuster mit ausblendbaren Ebenen, stärkeren Linien und weiteren Features.
Hier findest du Schnittmuster mit Beamer-Dateien!
Nun kannst du entweder gleich losschneiden - wenn das Schnittmuster die Nahtzugabe schon enthält, direkt am Papier entlang, ansonsten mit deiner persönlichen Nahtzugabe Abstand. Oder du zeichnest das Schnittmuster wie mit einer Schablone erst einmal an. Vorteil an diesem Vorgehen ist, dass du nachher beim Nähen die Nahtlinie, auf der du arbeiten solltest, siehst. Hier ist es natürlich wichtig, auf der linken Stoffseite zu arbeiten!
5) Markierungen übertragen
Viele Schnittmuster haben unterschiedliche Markierungen und Passzeichen. Etwa, um beim Ärmel vorne und hinten zu markieren, Taillenlinien festzulegen, Bereiche zum Einkräuseln zu kennzeichnen oder Abnäher zu platzieren. Auch diese Elemente muss man natürlich vom Papier auf den Stoff bekommen.
Bei Markierungen an der Kante des Nähprojekts kann man mit den berühmten Knipsen arbeiten - setze einen kleinen Schnitt innerhalb der Nahtzugabe, um die Stelle festzuhalten. Abnäher dagegen kann man nicht mit einem Schnitt kennzeichnen. Hier gibt es einen praktischen Schneidertrick: Male die Markierungslinien auf dem Papierschnitt kräftig mit Schneiderkreide nach. Dann legst du das Schnittmuster mit der markierten Seite nach unten auf die entsprechende Stelle des Stoffs. Jetzt kräftig mit der flachen Hand auf die markierte Stelle klopfen! Die Kreide wird so auf den Stoff übertragen, und deine Markierung sitzt genau da, wo sie soll.
Jetzt ist dein Zuschnitt fertig und du kannst endlich mit dem Nähen loslegen!
Hattest du schon einmal Probleme beim Zuschnitt? Oder gibt es einen Trick, der dir das Zuschneiden erleichtert? Teile deine Geschichte in unseren Kommentaren - wir sind schon gespannt!