Gerade bei Sportbekleidung ist es unerlässlich, mit dem richtigen Material zu arbeiten. Ausgewiesene Sportstoffe haben zahlreiche Eigenschaften, die sie für den geplanten Einsatz perfekt machen. Dadurch unterscheiden sie sich aber auch ein wenig von den herkömmlichen Stoffen, was die Verarbeitung angeht. Wir haben für euch ein paar Informationen über die Aktivstoffe und Tipps und Tricks zur Verarbeitung zusammengestellt.
Was sind Sportstoffe überhaupt?
Sportstoff, Aktivstoff, Funktionsstoff, Sportlycra - die Bezeichnungen sind ebenso vielfältig wie die Stoffe selbst. Doch alle so ausgewiesenen Stoffe haben eines gemeinsam: Sie sind so zusammengesetzt und verarbeitet, dass sie größtmöglichen Komfort bei Sport, also schweißtreibenden Tätigkeiten bieten. Sie sind meist hochelastisch und formstabil, was durch einen gewissen Prozentsatz an Elasthan im Gestrick garantiert wird, der für gewöhnlich etwas höher ist als bei klassischem Jersey mit Elasthananteil. Außerdem enthalten sie auch so gut wie immer einen Anteil an Kunstfasern, die dafür sorgen, dass das Material den Schweiß nach außen transportiert, schnell trocknet und wenig knittert. Darüberhinaus wird bei Sportstoffen darauf geachtet, dass das Gestrick zwar dünn und leicht ist, aber doch eine Blickdichtigkeit gewährleistet ist.
Es gibt Sportstoffe mit einem mehr oder weniger hohen Baumwollanteil, die vor allem für T-Shirts oder locker sitzende Hosen geeignet sind. Sie ähneln im Sitz herkömmlichen Jerseystoffen und machen die Sportbekleidung alltagstauglich, haben aber eben auch die atmungsaktiven, feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften, die beim Sprt so wichtig sind. Für sehr körpernah sitzende Schnitte wie Radlerhosen oder Sportbustiers wird man aber immer zu reinen Kunstfasern greifen, weil diese einen knackigen Sitz bei gleichzeitiger Festigkeit ermöglichen. Man findet diese Stoffe häufig unter der Bezeichnung "Sportlycra". Dabei ist Lycra eigentlich nur eine Markenbezeichnung für eine Kunstfaser aus der Familie der Elasthane. Kein Stoff besteht zu 100% aus Elasthan! Das wäre gar nicht zu verarbeiten, sondern auch bei so genanntem Lycra-Stoff liegt die Beimischungsquote bei eher 25% Lycra/Elasthan. Das Hauptmaterial ist zumeist ein Polyamid.
Was gibt es bei der Verarbeitung zu beachten?
Sportstoffe sind meistens dünn, aber stabil. Das macht ihre Verarbeitung im Grunde nicht so viel anders als herkömmliche Jerseys, doch es gibt ein paar Dinge zu beachten.
Beim Zuschnitt solltet ihr einberechnen, dass die Stoffe sehr glatt und dadurch sehr rutschig sind. Die hohe Dehnbarkeit ist ebenfalls zu berücksichtigen. Also nicht auf einem zu kleinen Tisch zuschneiden! Der Stoff sollte nicht überhängen, da er sonst durch sein Eigengewicht gedehnt wird und eure Schnitttteile hinterher nicht mehr passen. Beschwert ihn ausreichend, vor allem, wenn ihr im Bruch oder in doppelter Stofflage zuschneidet, sodass die Lagen nicht gegeneinander verrutschen.
Wie immer bei Kunstfasern gilt, dass Schere oder Rollschneider sehr scharf sein müssen. Werden einzelne der feinen Kunstfasern nicht durchtrennt, sondern durchgerissen, können feine "Laufmaschen" entstehen.
Funktionsstoffe als Maschenware fransen ebensowenig aus wie die Baumwollkollegen, doch kann es für die Verarbeitung hilfreich sein, mit einer etwas größeren Nahtzugabe zu arbeiten, um mehr Kontrolle beim Nähen zu haben.
Ich empfehle, bei der Verarbeitung auf jeden Fall eher mit Stoffklammern als mit Stecknadeln zu arbeiten. Gerade, wenn die Stecknadeln nicht mehr ganz neu sind, können sie die feinen Fasern leicht verletzen und es entsteht ein Loch, das zum einen nicht mehr weggeht und zum anderen eine Schwachstelle im Stoff bildet, die bei Belastung - und Sportkleidung WIRD nun einmal belastet - problematisch werden kann. Aus demselben Grund sollte man zum Nähen wirklich zu Mikrotex- oder Stretchnadeln greifen. Diese sind speziell geformt, um die hochfeinen Kunstfasern zu schonen.
Überhaupt, die Nähte. Bei körpernah sitzenden Schnitten ist auf den Nähten quasi immer Zug. Ihr solltet also sehr dehnbare Stiche verwenden. Die Nutzung einer Overlockmaschine ist hier wirklich zu empfehlen. Ein Blick in die Bedienungsanleitung der Nähmaschine kann auch aufschlussreich sein - manche Modelle ermöglichen die Einstellung eines Drei-Faden-Superstretch-Stichs. Dieser ist nicht nur besonders elastisch, sondern trägt auch noch weniger auf. Wenn möglich, verringert den Nähfußdruck ein wenig! Bei der Arbeit mit einer Nähmaschine (und wenn es nur bei den Säumen ist), kann ein Obertransportfuß oder ein Teflonfuß hilfreich sein, um ein Verrutschen der Stofflagen zu vermeiden. Verwendet auch für die Säume unbedingt sehr elastische Stiche. Der genähte Zickzackstich, auf eher hohe Stichlänge eingestellt, eignet sich sehr gut, doch auch viele Zierstiche sind hochelastisch. Probiert das am besten auf einem Probestück aus!
Wenn ihr mit der Overlock arbeitet, sei euch als Greiferfäden Bauschgarn ans Herz gelegt. Dieses nur leicht verdrillte Garn aus feinen Polyamidfäden ist besonders weich und damit angenehm auf der Haut, was besonders bei Bademode oder engen Bustiers wichtig ist. Außerdem ist es auch schnelltrocknend.
Noch ein Tipp: Gerade, wenn ihr Oberteile näht, ist es sinnvoll, auch die Hals- oder Armabschlüsse aus Funktionsstoff zu machen. Herkömmliches Bündchen ist zwar auch hochelastisch und formstabil, doch durch den hohen Baumwollanteil leitet es Feuchtigkeit nur schlecht nach außen und trocknet nicht besonders schnell. Und mal ehrlich - wer will schon ein feuchtes Halsbündchen an einem sonst fix getrockneten T-Shirt?
Ihr seht, so "besonders" sind die Spezialstoffe eigentlich nicht. Wer um ihre Funktionsweise und Zusammensetzung weiß, kann sie locker handlen. So steht einem Workout in selbst genähter, individueller Fitnessmode jetzt nichts mehr im Weg (mal abgesehen vom inneren Schweinehund ...). Arbeitet ihr mit Funktionsstoffen? Wie sind eure Erfahrungen? Und habt ihr auch Fotos für uns? Wir freuen uns auf eure Kommentare!