Interview der Woche: Ina von Pattydoo

Mit ihren Videos hat für viele Leute der Spaß am Nähen begonnen: Ina vom Label Pattydoo begeistert die Massen. Ihre Anleitungen für Taschen, Täschchen und Kleidung sind als multimediales Phänomen aus der Online-DIY-Welt nicht mehr wegzudenken. Und noch dazu gibt es Pattydoo jetzt auch offline - Ina hat ihr erstes Nähbuch veröffentlicht. Heute ist sie bei uns im Nähcafé und erzählt ein bisschen von den Anfängen, dem Jetzt und wie es weitergehen wird.
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Ina von Pattydoo

Mit ihren Videos hat für viele Leute der Spaß am Nähen begonnen: Ina vom Label Pattydoo begeistert die Massen. Ihre Anleitungen für Taschen, Täschchen und Kleidung sind als multimediales Phänomen aus der Online-DIY-Welt nicht mehr wegzudenken. Und noch dazu gibt es Pattydoo jetzt auch offline - Ina hat ihr erstes Nähbuch veröffentlicht. Heute ist sie bei uns im Nähcafé und erzählt ein bisschen von den Anfängen, dem Jetzt und wie es weitergehen wird.


Sewunity: Liebe Ina, herzlich Willkommen in unserem Nähcafé!
Seit 2012 bereicherst du als Bloggerin, Schnittmusterdesignerin und Stoffgestalterin die DIY-Szene in Deutschland. Nahezu 60.000 nähbegeisterte Fans folgen dir auf Facebook, 76.000 Abonnenten schauen deine Nähvideos auf YouTube und du inspirierst täglich Tausende von Kreativen. Hast du damit gerechnet, als du damit angefangen hast, nicht nur für dich selbst zu nähen?

Ina: Ui, das mal wieder schwarz auf weiß zu sehen, verschafft mir gleich eine Gänsehaut… Als ich 2012 den ersten Eintrag in meinen Nähblog schrieb, hatte ich gar keine Erwartungen, ich hab‘ einfach so just for fun losgelegt. Heute freue ich mich sehr über diese großartige Entwicklung und bin glücklich, dass ich mit meiner Freude am Nähen bereits so viele angesteckt habe!

Du bist ja, wie viele andere, zum intensiven Nähen gekommen, als du Mutter geworden bist. Aber du hast das ja auch alles „richtig“ gelernt, bist Schneiderin und Bekleidungstechnikerin. Wann ist in dir der Entschluss gereift, dein Fachwissen mit anderen NäherInnen zu teilen? Und was war der erste Schritt?

PattydooAls ich vor gut sechs Jahren mit meiner wieder entdeckten Nählust die unendlichen Weiten der kreativen Nähszene im Web entdeckte, die zahlreichen Blogs, Foren und Online-Shops, bekam ich Lust, selbst mitzumischen. Schon früher machte es mir Spaß, mein Wissen gut strukturiert für andere aufzubereiten, als Kind wollte ich sogar Lehrerin werden. Mein eigener Nähblog war und ist für mich die perfekte Möglichkeit, mein Knowhow an andere, wissbegierige Leute weiterzugeben.

Im Gegensatz zu anderen Labels ist Pattydoo ja von Anfang an multimedial aufgestellt gewesen. Deine Anleitungsvideos und Tutorials sind für viele Anfänger ein hilfreicher Einstieg. Wie kam es dazu, dass du statt der üblichen E-Books und Bildanleitungen Videos veröffentlicht hast?

Schon damals gab es zahlreiche tolle Nähblogs, daher habe ich überlegt, was ich Besonderes machen könnte. Zum Glück hatte ich durch meinen Mann die Möglichkeit, Videos zu drehen. Eines Tages probierten wir es spontan aus und ich erzählte vor der Kamera etwas über die Eigenschaften von Stoffen. So ist das erste pattydoo-Tutorial entstanden. Das Tolle an Anleitungsvideos ist, dass die Zuschauer nicht nur eine Ansicht von einem Arbeitsschritt auf einem einzelnen Foto, sondern quasi eine 3D-Ansicht des gesamten Vorgangs anschauen können. Sie können die Filme direkt neben der Nähmaschine abspielen, sie einfach stoppen, wenn sie eine Pause machen, oder zurückspulen, um etwas noch einmal anzuschauen.

Lässt sich heute im Rückblick sagen, mit welchem Video du den Durchbruch erzielt hast? Was, denkst du, war der wichtigste Schritt dabei?

Anfangs machte ich mir zu den Videoinhalten gar keinen Kopf, ich wollte einfach mal so drauf loslegen. Mit der Zeit habe ich dann aber genau hingehört und erfahren, was meine Zuschauer gerne sehen oder nähen möchten. Dann haben wir das Video zur Kosmetiktasche „Susie“ genäht und damit für eine Menge Aufsehen gesorgt. Ich glaube dieses kleine Täschlein hat jeder Blogleser mindestens schon einmal genäht.

Auf deiner Homepage kann man mithilfe von verschiedenen Grundschnitten in einer Art Baukastensystem ein E-Book nach den ganz eigenen Vorstellungen erstellen lassen. Ein Traum für viele User! Ist es diese Individualität, die Pattydoo erfolgreich macht? Oder hast du ein anderes Geheimnis?

Herr und Frau PattydooOb ich wirklich ein Geheimnis habe, überlasse ich lieber anderen. Ich liebe es einfach, das zu tun. Mir macht meine Arbeit riesigen Spaß und das Feedback meiner Fans spornt mich an, ihnen ständig neue Nähideen, Schnittmuster und Anleitungen zu zeigen. Dass ich gelernte Schneiderin und studierte Bekleidungstechnikerin bin, ist sicher auch von Vorteil. Bestimmt ist es die Summe aus allem, die den Erfolg ausmacht – ich bin überglücklich, dass Pattydoo schon so vielen das schönste Hobby der Welt vermitteln konnte!

Und was macht für dich, als Näherin und auch als Fachfrau, ein gutes E-Book aus? Worauf legst du besonderen Wert?

Es sollte übersichtlich und gut strukturiert sein, präzise Hinweise zur Stoff- und Größenauswahl enthalten, sowie Hinweise für Nähalternativen und -varianten. Mich beeindrucken moderne, hochwertige Layouts und ich liebe technische Zeichnungen, wie sie z.B. in japanischen Nähbüchern zu finden sind.

Abgesehen von Homepage, Blog, Videos und sozialen Medien kann man Pattydoo seit Neuestem auch in Buchform „haben“ – vor wenigen Wochen erschien dein erstes Nähbuch. Magst du uns ein bisschen erzählen, wie es zu der Zusammenarbeit mit dem Christophorus Verlag gekommen ist? Was unterscheidet für dich die Arbeit an einem Buch von deiner bisherigen Online-Arbeit? Und was war die größte Herausforderung dabei?

Ein Buch zu schreiben ist auf jeden Fall eine ganz andere Nummer. Im Onlinebereich ist der Weg bis zur Veröffentlichung einer neuen Anleitung oder eines Schnittmusters viel kürzer und ich erhalte schnell und direkt Feedback von der Community. An meinem Buch habe ich alles in allem, vom ersten Gedanken an gerechnet, bestimmt ein Jahr gearbeitet. Jetzt, da „Taschenlieblinge selber nähen“ erschienen ist, kommt mir die finale Abgabe des Manuskriptes schon wie eine Ewigkeit her vor. Aber es hat Spaß gemacht, die Taschenmodelle zu entwickeln und ein Gesamtwerk zu konzipieren – ich freue mich sehr, dass es schon so vielen Nähbegeisterten gefällt! Dafür haben sich die Mühe und die vielen Stunden im Nähzimmer und am Laptop gelohnt!

In deinem Buch geht es um Taschen. Jetzt mal Hand aufs Herz: Wie viele Handtaschen besitzt du selbst? Und wie viele davon sind selbstgenäht?

Tatsächlich besitze ich eigentlich nur sehr wenige gekaufte Handtaschen, wenn dann eher Rucksäcke. Vor allem durch mein Buch habe ich nun eine riesige, selbst genähte Auswahl. Trotzdem bin ich noch nicht „komplett“ – wie fast jede Frau, brauche ich zu vielen meiner Outfits noch die passende Tasche. Und weil ich genaue Vorstellungen habe, wie sie aussehen muss, nähe ich sie lieber selber, anstatt ewig nach dem perfekten Modell zu suchen!

Mit deinem Buch stehst du ja nicht alleine da. Viele Bücher zu Nähthemen gibt es zu kaufen, die Näh- und Kreativszene boomt. Was denkst du, ist das ein vorübergehendes Phänomen? Oder hält der Boom weiter an?

Das werde ich oft gefragt – ich glaube, wir sind noch ganz am Anfang. Gerne vergleiche ich das mit „Bio“, dieser Trend hat sich mittlerweile auch in der Gesellschaft festgesetzt. Im oftmals stressigen Alltag mit Massenkonsum und Überfluss ist es für viele – von jung bis alt – einfach ungemein entspannend, etwas selber zu kreieren und zu nähen. Wer einmal dieses tolle Glücksgefühl erlebt, wenn man das fertige, selbst genähte Werk in den Händen hält, will nichts anderes mehr machen. Ich glaube, dass wir noch lange nähen werden.

Blog, Schnittmusterdesign, Stoffgestaltung, jetzt ein Nähbuch – wohin wird die Reise mit Pattydoo noch gehen? Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus? Wird man dich vielleicht bald im Fernsehen sehen?

Oh, Ideen gibt es jede Menge. Mal sehen, was wir dieses Jahr so alles schaffen. Toll wäre, wenn wir 20 Prozent von unserer Liste umsetzen können. Auf jeden Fall haben wir letztes Jahr schon im Kleinen ein paar Sachen ausprobiert, die wir dieses Jahr intensiver betreiben wollen. Die Nähbegeisterten dürfen gespannt sein.

Auf Sewunity können ja die User deine Schnittmuster bewerten und mit Sternen versehen (und sie erhalten, nebenbei gesagt, Bestnoten). Drehen wir den Spieß doch einmal um: Wie viele Sterne würdest du Sewunity geben, und warum?

Klare 5 Sterne! Ich mag alles, was den Nähboom befeuert, und da seid ihr ganz klar super aufgestellt!

Zu guter Letzt möchten wir dich noch zu einem kleinen Spiel einladen. Wir nennen dir immer zwei Begriffe – welcher von beiden trifft am ehesten auf dich zu?

Rollschneider oder Schere? Rollschneider

E-Book oder Papierschnitt? E-Book

Webware oder Maschenware? Beides gerne.

Nähkurs oder Autodidakt? (Online Video-) Nähkurs ;)

Overlock umfädeln oder immer dieselbe Farbe? Umfädeln

Onlineshopping oder Stoffgeschäft? Beides

Couch oder Laufschuhe? Zugegeben, ich mag die Couch.

Kaffee oder Tee? Schwarztee

Liebe Ina, schön, dass du bei uns warst! Vielen Dank für das Gespräch!

Vielen Dank für das Interview, viel Erfolg euch weiterhin.