Ran an die Kostüme!

Jedes Jahr nach Weihnachten geht es los: Die heiße Zeit von Fasching, Fasnet, Karneval beginnt! Eine Zeit, in der unsere Kreativität als NäherInnen ganz besonders gepusht wird. Wann kann man sich schon so herrlich austoben, wenn es um Farben, besondere Schnitte, ausgefallene Designs und witzige Ideen geht? Und weil es sich bei den Kreationen um Kostüme handelt, wollen wir oft auch ganz andere Effekte erzielen als bei "Alltagskleidung". Darum werden häufig andere Stoffe als sonst üblich verwendet. Aber welcher Stoff eignet sich eigentlich wofür - und welche Stoffe gibt es überhaupt? Wir stellen euch die wichtigsten Faschingsmaterialien vor und geben ein paar heiße Tipps zu ihrer Verarbeitung.
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Jedes Jahr nach Weihnachten geht es los: Die heiße Zeit von Fasching, Fasnet, Karneval beginnt! Eine Zeit, in der unsere Kreativität als NäherInnen ganz besonders gepusht wird. Wann kann man sich schon so herrlich austoben, wenn es um Farben, besondere Schnitte, ausgefallene Designs und witzige Ideen geht? Und weil es sich bei den Kreationen um Kostüme handelt, wollen wir oft auch ganz andere Effekte erzielen als bei "Alltagskleidung". Darum werden häufig andere Stoffe als sonst üblich verwendet. Aber welcher Stoff eignet sich eigentlich wofür - und welche Stoffe gibt es überhaupt? Wir stellen euch die wichtigsten Faschingsmaterialien vor und geben ein paar heiße Tipps zu ihrer Verarbeitung.

Tüll

TüllTüll wird für viele verschiedene Kostüme benötigt. Ob "nur" als Unterfütterung wie für einen Petticoat oder als Hauptmaterial wie bei einem Tutu, Tüll ist die richtige Wahl für alles, was Volumen braucht, ohne schwer zu sein.

Tüll ist ein netzartiges Gewebe, bei dem die einzelnen Fäden miteinander verdreht werden und eine Gitterstruktur erzeugen. Heutzutage besteht Tüll zumeist aus Kunstfasern und liegt in verschiedenen Stärken vor. Zum einen gibt es den klassischen, eher steifen Tüll. Er ist gut für Petticoats und ähnliche Röcke geeignet, da er viel Stand und Volumen hat. Daneben existiert auch noch der Fein- oder Schleiertüll. Er ist sehr weich und eher anschmiegsam und eignet sich dadurch besser für alles, was Kontakt mit der Haut hat. Im Gegensatz zum festen Tüll stellt er auch keine Bedrohung für Feinstrumpfhosen dar! Feintüll gibt es auch bestickt und/oder mit Pailletten besetzt. So kann er z.b. für Schleier oder als durchscheinender Oberstoff für ein Kostüm gut verwendet werden.
Durch seine Struktur kann Tüll nicht ausfransen, er muss also nicht versäubert werden. Wenn man Tüll vernäht, eignet sich besonders ein eng eingestellter Zickzackstich mit nicht zu hoher Stichbreite - er verbindet sich sehr gut mit der Gewebestruktur, sodass die Nähte nicht auftragen. Die Nahtzugabe kann man ruhig relativ klein halten, es ist sogar sinnvoll, da man beim Tüll ja beiden Seiten des Werkstücks sieht.

Pannesamt

PannesamtPannesamt ist wohl der Inbegriff des Faschingsstoffs. Dehnbar und bequem wie Jersey, schimmernde Oberfläche, eine edle Optik - perfekt für alle kleinen (und großen) Prinzessinnen, Feen und Burgfräulein.

Auch Pannesamt besteht aus Polyester, wodurch er deutlich günstiger und leichter ist als "echter" Samt. Die Herstellungsweise ist aber im Grunde dieselbe: Beim Weben werden Schlingen stehen gelassen, die am Ende des Herstellungsprozesses aufgeschnitten werden. So entsteht der Flor, die flauschige Optik. Pannesamt wird zusätzlich noch gepresst ("panniert"), wodurch er seinen Glanz erhält.
Bei der Verarbeitung muss vor allem darauf geachtet werden, dass Pannesamt einen Strich hat - es gibt also auch ohne Muster ein eindeutiges Oben und Unten. Man sollte aufpassen, z.B. Rockbahnen in derselben Strichrichtung zuzuschneiden.
Außerdem fusselt Pannesamt wegen des Flors stark. Dagegen lässt sich wenig machen, aber es ist schon mal gut, wenn man damit rechnet. Auch Pannesamt franst nicht - versäubern ist aber gerade aufgrund der Fusselei zu empfehlen.

Taft

Taft Taft ist eigentlich ein Überbegriff für besonders dicht gewebte, glatte Stoffe aus Seide oder Kunstfasern. Heute bezeichnet man damit zumeist Futtertaft, ein dünnes, aber blickdichtes Material, das in der Kostümnäherei auch häufig als Hauptmaterial eingesetzt wird.
Futtertaft zeichnet sich durch einen feinen Glanz aus. Er ist extrem glatt und sehr leicht - ideal für Kostüme, die im Innenraum (z.B. Kindergarten oder Faschingsball) eingesetzt werden. Außerdem ist er in vielen Farben erhältlich und sehr günstig. So lassen sich auch große Roben mit wenig Kosteneinsatz herstellen. Trotz seines geringen Gewichts hat Futtertaft einen gewissen Stand, sodass er sich gut für voluminöse Röcke oder weite Clownshosen eignet.
Zu Verarbeitung ist vor allem eins zu sagen: Taft ist schlüpfrig. Es ist empfehlenswert, mit ausreichend Clips oder Stecknadeln zu arbeiten oder auch zu heften. Beim Nähen sollte man eine eher feine Nadel verwenden, damit die dünnen Gewebefäden keinen Schaden nehmen. Versäubern ist unerlässlich, da Futtertaft sehr stark ausfranst und auch schnell Fäden zieht. Wenn möglich, sollte der Nähfußdruck beim Nähen heruntergesetzt werden, damit die Nähte sich nicht verziehen. Auch ein Obertransport kann hier helfen.

Chiffon/Organza

Organza Chiffon und Organza sind sehr feine, gewebte Stoffe, die immer durchsichtig sind. Dadurch werden sie vor allem gerne für Schleier oder Übergewänder verwendet, vor allem dann, wenn Tüll zu grob oder voluminös wäre. Organza zeichnet sich dabei durch eine schillernde Oberfläche aus, wohingegen Chiffon eine eher seidige Optik hat und auch weniger zum Knittern neigt.

Für diese beiden Stoffe gilt im Prinzip dasselbe wie für den Futtertaft: Eine gute Sicherung des Nähgutes vor dem Vernähen ist wichtig, weil die Lagen sehr gerne gegeneinander verrutschen. Allerdings neigen weder Organza noch Chiffon zum Ausfransen. Dennoch ist Versäubern zu empfehlen, da die Overlock- oder Zickzacknaht den Stoff an der Kante verstärkt und das exakte Zusammennähen dadurch erleichtert.
Säumen ist bei Chiffon und Organza eher schwierig. Durch die transparente Qualität sieht man die umgeschlagene Saumzugabe immer. Ich empfehle bei beiden Materialien, mit einem Rollsaum zu arbeiten, damit das Ergebnis nachher sauber aussieht.

Spitze

Mit Spitzenstoffen kann man auch bei Kostümen tolle Effekte erzeugen. Es gibt Spitzenstoffe in vielen verschiedenen Farben, in mehr oder weniger durchsichtig, fest wie Tüllspitze oder auch als elastische Spitze zu kaufen. Hier hängen die Empfehlungen zur Verarbeitung stark mit den Eigenschaften der jeweiligen Spitze zusammen. Ich würde, wenn möglich, Spitze immer mit der Overlockmaschine vernähen, da durch die ungleichmäßige Webart schnell Fäden ziehen oder eine unsaubere Kante entsteht.

Waschvelours

Waschvelours

Für Wildwestkostüme oder alles Historische, was nach Wildleder aussehen soll, ist Waschvelours ideal geeignet. Im Prinzip ist Waschvelours eine Art Samt (also auch ein Stoff, der in Schlingen gewebt wurde und hinterher durch Aufschneiden und Aufrauhen der Schlingen einen Flor erhält), allerdings ist der Flor sehr kurz, sodass der Stoff wirkt wie Wildleder. So kann er perfekt für Indianer- oder Cowboykostüme eingesetzt werden - und auch so mancher Wikinger fühlt sich in Waschvelours sicherlich wohl.
Der Velours franst nicht aus, sodass er sich perfekt für geschnittene Fransen eignet - und schon ist ein Shirt ein Indianeroutfit!

Vernähen lässt sich der Velours ähnlich gut wie dünner Jeansstoff. Er ist nicht dehnbar und fest gewebt, sodass er ziemlich unkompliziert in der Verarbeitung ist. An Stellen, wo mehrere Lagen aufeinandertreffen, lohnt es sich unter Umständen, den Nähfußdruck zu erhöhen, um ein Verrutschen zu verhindern.


Paillettenstoffe

Pailletten

Grundsätzlich sind Pailletten ja kleine Plättchen aus Metall oder Kunststoff, die zur Verzierung auf Kleidungsstücke aufgebracht werden - in den Fundstücken erzähle ich euch heute noch ein bisschen mehr zum Thema Pailletten. Aber es gibt auch Stoffe, die bereits mehr oder weniger dicht mit Pailletten besetzt sind. Sie eignen sich natürlich auch sehr gut für Kostüme - wenn es nicht gerade edle, von Hand bestickte Stoffe sind, sondern die eher günstigen, auf denen die Pailletten aufgeklebt sind. Der Effekt ist jedes Mal wieder atemberaubend!
Zur Verarbeitung von Paillettenstoffen ist zuerst einmal zu sagen, dass es stark von dem jeweiligen Stoff abhängt, wie leicht oder kompliziert er zu verarbeiten ist.
Wenn die Pailletten fest mit dem Stoff verbunden sind, also geklebt oder sogar foliert, dann lässt sich der Stoff verhältnismäßig einfach verarbeiten. Es ist ratsam, nicht die beste Stoffschere zum Zuschnitt zu verwenden, da Pailletten nun mal nicht aus Stoff sind. Auch von der Verwendung der Overlockmaschine würde ich zum Wohle des Messers eher abraten. Bei solchen Stoffen handelt es sich nahezu ausnahmslos um Kunststoffpailletten. Wenn man eine etwas stärkere Nadel verwendet, ist das Zusammennähen der Stoffstücke eigentlich kein Problem. Statt Stecknadeln sind hier Wonderclips oder Stylefix hilfreich, da die Pailletten sonst gerne die Stecknadel ablenken und ein sauberes Stecken erschweren.
Bei Stoffen mit aufgenähten Pailletten, die vielleicht sogar aus Metall sind, kann es ratsam sein, den Bereich der Nahtzugabe von den Pailletten zu befreien. Auch muss hier beim Zuschnitt schon darauf geachtet werden, dass sich die Fäden, mit denen die Pailletten aufgenäht sind, nicht lösen - nicht, dass das schöne Charleston-Kleid dann auf dem Faschingsball plötzlich gar nicht mehr funkelt!

Satin

Satin

Und zu guter Letzt noch der Satin. Satin ist ein schwerer, in Atlasbindung hergestellter Stoff - das heißt, dass auf der Oberseite des Gewebes die Schussfäden dicht zu sehen sind und die Kettfäden überhaupt nicht auffallen. Dadurch bekommt der Stoff seinen besonderen Glanz. Satin wird normalerweise aus Viscose, Polyester oder Seide hergestellt - auch wenn letzterer aufgrund des Preises für Faschingskostüme eher nicht infrage kommt.
Satin eignet sich für alles, was glänzen, bunt sein und schwer fallen soll. Clownshosen aus Satin haben mehr Stand als solche aus Futtertaft, Röcke und Kleider sind schwerer (und auch wärmer), sie knittern nicht so leicht.
Zur Verarbeitung von Satin ist vor allem zu sagen, dass er durch die glatte Oberfläche und das hohe Eigengewicht extrem stark zum Verrutschen neigt. Eine sichere Fixierung ist unerlässlich!
Außerdem zieht Satin durch die Webart schnell Fäden und franst leicht aus. Es ist ratsam, die Stücke vor dem Vernähen gut zu versäubern und mit einer eher großen Nahtzugabe zu arbeiten. Die Verwendung von Microtexnadeln kann hilfreich sein, da die für Satin verwendeten Fasern sehr dünn sind. Da der Stoff aber zeitgleich eher schwer ist, kann Satin an einer Naht leicht einreißen, wenn die Fasern von der Nadel verletzt worden sind.

So, und jetzt bin ich gespannt, was ihr dieses Jahr zu Fasching so zaubern werdet! Unsere Redakteurin Steffi hat euch bei den Stars ja eine Menge Ideen zusammengetragen, was es so an Schnittmustern gibt, die für Kostüme infrage kommen - zeigt uns doch eure Kreationen!